Als Seine Majestät Kaiser Franz Josef I. dem allgemeinen Berggesetze im Jahre 1854 die Allerhöchste Sanction ertheilte, mussten alle bestehenden Bergbaue, dem § 210 dieses Gesetzes entsprechend, Bruder­laden d. h. Cassen zur Unterstützung von erkrankten, sowie arbeitsunfähigen Bergarbeitern gründen.

Die damaligen Gewerken des Ostrau-Karwiner Steinkohlenreviers blieben mit der Errichtung solcher Cassen durch Einzahlung der Bergarbeiter und freiwillige Beiträge der Grubenbesitzer nicht im Rückstände.

Gewöhnlich wurden in den Jahren 1854 bis in die Sechzigerjahre 2°/ 0 , später bei den gestiegenen Ausgaben 3°/ 0 , nach dem Jahre 1872 auch 4 bis 5 °/ 0 vom Lohne dem Bergarbeiter in Abzug gebracht, während einzelne Grubenbesitzer, da eine gesetzliche Bestimmung nicht vorlag, freiwillig regelmässige Geld­beträge nach dem Mannschaftsstande beitrugen oder Spitäler errichteten und Gnadenprovisionen ertheilten.

Im Allgemeinen waren die Ostrau-Karwiner Bruderladen vom Jahre 1854 an bis zu der durch das Bruderladegesetz vom 28. Juli 1889 angeordneten Neuorganisirung derselben gut fundirt und ergab die im Jahre 1888 vorgenommene versicherungstechnische Ueberprüfung der alten Bruderladen durchwegs ein günstiges Resultat.

Es betrug das Bruderladecapital im Reviere nach Tabelle IV:

Tabelle IV.

Bei den Gruben

Bruderladecapital in

ö. W. Gulden im Jahre

1862

1882

l886

1896

der Witkowitzer Gewerkschaft.

45. 100

157-250

324.574

1.925-958 B

der k. k. priv. Kaiser Ferdinands-Nordbahn.

72.600

747.736

1,050.025

1,992.026

Sr. Exc. Graf Wilczek.

27.300

i33.38o

181.321

843.754

der Zwierzinaschen Gewerkschaft.

9.000

53.702

68.062

i33.622

der Ostrauer Bergbau-Gesellschaft vorm. Fürst Salm .

4.500

64.470

81.062

244.596

der Ostrau-Karwiner Montangesellschaft in Peterswald .

p

52.629

63.644

161.490

Gebrüder Gutmann Orlau-Lazyer Bergbaugesellschaft. . .

?

115.933

152.596

595-135

Sr. Exc. Graf Larisch-Mönnich.

?

133.279

193.182

685-517

Sr. kaiserl. Hoheit Erzherzog Friedrich.

?

82.387

139.849

i,44 i -854 2 )

der Ostrauer Steinkohlengewerkschaft «Marie Anne» . . .

28.o3o

Zusammen

158.500

1,540.766

2,254.315

8,051.982

Diese Bruderladen gewähren den Arbeitern im Erkrankungsfalle nebst freier ärztlicher Behandlung und Medicamenten noch ein tägliches Krankengeld von 45 bis 70 kr. und im Falle der Arbeitsunfähig­keit, je nach der Arbeitsdauer, eine Jahresprovision (Pension) von 100 bis 200 fl.

Die Einlagen in die Bruderlade werden heute zur Hälfte von den Bergarbeitern und zur anderen Hälfte von den Werksbesitzern geleistet.

Die während der 50jährigen glorreichen Regierung unseres allergnädigsten Kaisers Franz Josef I. der gesammten Industrie, insbesondere auch dem Kohlenbergbaue im hohen Maasse zu Theil gewordene Berücksichtigung und Förderung wird jedenfalls mit innigstem Danke von den Kohlenindustriellen an­erkannt. Andererseits können auch die Grubenbesitzer des Ostrau-Karwiner Steinkohlenreviers mit voller Befriedigung auf ihre 50jährige Thätigkeit zurückblicken und den aufrichtigen Wunsch beifügen, es möge ihnen die Vorsehung gestatten, ihre Industrie noch viele Jahre unter dem Schutze des Allerhöchsten Bergherrn weiter entwickeln zu können.

Um das Ostrau-Karwiner Steinkohlenrevier jedoch noch näher kennen zu lernen, ist es nöthig, eine gedrängte Beschreibung der einzelnen Gruben folgen zu lassen, welche die vorangegangene allgemeine Beschreibung entsprechend ergänzt und erläutert.

*) Ohne Hüttenbruderlade.

z ) Die Hüttenbruderlade mit inbegriffen.

Die Gross-Industrie. I.

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