Altersunterstützung beg-rüssenswerth erscheint. Nach lojähriger Dienstdauer wird der Arbeiter (ohne Unterschied des Geschlechtes) seitens der Firma bei einer Lebensversicherungs-Anstalt in Wien mit dem Betrage von fl. 500 versichert und werden die Jahresprämien von der Firma entrichtet. Dieser Betrag wird fällig, wenn die versicherte, noch im Dienst- verbande stehende Person das 60. Lebensjahr erreicht. Im Falle ihres früheren Ablebens wird der Betrag sofort fällig und wird der vom Versicherten bezeichneten Person oder dem gesetzlichen Erben ausgezahlt. Löst der Versicherte das Arbeitsverhältnis vor eingetretener Fälligkeit der bemerkten Summe, so wird ihm die betreffende Polizze ausgefolgt. Für Arbeiter, welche bei Erreichung iojähriger Dienstdauer das 45. Lebensjahr überschritten haben, dann für jene, welche nicht versicherungsfähig sind, leistet die Firma in der Wiener Sparcassa eine einmalige Zahlung von fl. 25 bis fl. 100 und während der Dienstdauer des Betreffenden jährliche Einzahlungen in der Höhe von fl. 25 bis fl. 50. Der in solcher Weise erzielte Betrag wird, wenn der betreffende, noch im Dienst verbände stehende Arbeiter das 60. Lebensjahr erreicht, ihm selbst, im Falle seines Ablebens aber seinen gesetzlichen Erben ausgefolgt.

In Berücksichtigung der ausserordentlichen Wichtigkeit des Gegenstandes und der bereits erprobten er­freulichen Wirkung schien mir die Entwickelung der nun fünf Jahre zählenden Einrichtung besprechenswerth. Von den 263 Arbeitern, von welchen 47 dem männlichen und 216 dem weiblichen Geschlechte angehören, haben bis heute 91 Personen eine xojährige Dienstdauer; 77 wurden versichert, für 14 wurden die angeführten Einzahlungen in die Sparcassa geleistet. Im Laufe der fünf Jahre sind fünf Arbeiter, welche sich dieser Fürsorge zu erfreuen hatten, gestorben. Die nach vier derselben Hinterbliebenen erhielten den Betrag von fl. 500.

Für den Sohn einer im Jahre 1895 verstorbenen verwitweten Arbeiterin, einen Schlosserlehrling, wurde der von der Versicherungsanstalt erhobene Betrag von fl. 500 in der Sparcassa angelegt und dieser wird dem jungen Manne bei Erreichung der Grossjährigkeit zufallen. Den im Laufe des erwähnten Zeitraumes aus der Arbeit getretenen 11 Arbeitern wurden die Polizzen ausgefolgt. Wenn auch mit dem in Rede stehenden Gegenstände nicht im Zu­sammenhänge stehend, scheint mir doch, als demselben arbeiterfreundlichen Geiste entsprossen, die Einrichtung eines Wohnungszinsbeitrages seitens der Firma anführenswerth. Es erhalten zur Zeit zwei Arbeiter vierteljährig einen Miethbeitrag von je fl. 35, dann 11 einen solchen von je fl. 20. Die Firma kennt diese Beiträge als Prämie zu, für besonderen Fleiss, für grösseren Eifer und Geschicklichkeit. Die Dienstdauer hat auf diese an in Wochenlohn stehende, wie an Accordarbeiter erfolgende Zuerkennung keinen Einfluss. Fast selbstverständlich erscheint es nach dem An­geführten, dass die Firma die Unfallversicherungs-Prämien zur Gänze bestreitet und von den Krankenversicherungs- Beiträgen an die Allgemeine Arbeiter-Krankencassen 30% und an die Genossenschafts-Krankencassen der Buchbinder und Buchdrucker 50% der Einzahlungen der Arbeiter leistet.

Ergänzend sei noch beigefügt, dass die von mir eingesehenen Wochenlisten des Jahres 1895 einen durch­schnittlichen Wochenverdienst ergeben von fl. 6-65 für die Arbeiterin und von fl. 15-04 für den männlichen Arbeiter. Das Maximum der wöchentlichen Lohnsumme betrug fl. 2351-72 (im September), das Minimum fl. 1485-41 (im Jänner). Zwei Drittel der Löhne sind Stück-, ein Drittel Taglohn. Die Arbeitszeit beträgt 10 Stunden.

Den Arbeiterinnen, welche den Haushaltungs-Abendcurs für Arbeiterinnen (VI., Millergasse 2) besuchten, gestattete die Firma, in wohlwollender Berücksichtigung der räumlichen Entfernung, die Fabrik um 5 Uhr zu ver­lassen und vergütete ihnen die ausfallende Stunde. In Berücksichtigung der Tragweite gerade dieses social so bedeut­samen weiblichen Fortbildungsunterrichtes ist diese Förderung als sehr dankens- und nachahmenswerth zu bezeichnen. Die Höhe des Zeitlohnes wird den Arbeitern beim Eintreten, jene des Stücklohnes mittelst placatirten Tarifes bekannt gegeben. Bezüglich der Arbeitszeit entnehme ich der Arbeitsordnung dieser Fabrik die folgenden mit- theilenswerthen Bestimmungen: Die tägliche Arbeitszeit ist auf 10 Stunden festgesetzt, und zwar von 7 Uhr Früh bis 12 Uhr Mittags und dann von 1 Uhr Nachmittags bis 6 Uhr Abends. An Sonn- und Feiertagen wird nicht ge­arbeitet. Für die nachbenannten Tage eines jeden Jahres bestehen Ausnahmsbestimmungen, nämlich: Am Fasching­dienstag wird nicht gearbeitet. Am Aschermittwoch beginnt die Arbeit um 8 Uhr früh. Charsamstag ist um 11 Uhr (Vormittag Schluss der Arbeit. Den Samstag vor Pfingsten ist um Vh Uhr Nachmittag Schluss. Am heil. Abend 24. December) wird nur bis 11 Uhr Vormittag und am Sylvesterabend (31. December) nur bis 4 Uhr Nachmittag gearbeitet.«

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