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Die Groß-Industrie Oesterreichs : Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Österreichs 1898 ; Fünfter Band
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sich die Vertreter der Industrie einmüthig für diesen Vorschlag. Nach vielfachen Berathungen, Enqueten und Petitionen gelangte dieses Steuersystem im Jahre 1888/89 thatsächlich zur Einführung und hatte zur Folge, dass die Erzeugung von 5 Millionen Metercentner in der darauffolgenden Campagne 1888/89 auf 7 V2 Millionen und auf io'/ 2 Millionen in den Jahren 1894/95 stieg. Mit dieser Productionsziffer scheint unsere Industrie auch für längere Zeit ihren Höhepunkt überschritten zu haben, denn die Erzeugung bewegte sich seither zwischen 7V2 und 8V2 Millionen Metercentner.

In der letzten Periode waren die Bestrebungen der Techniker hauptsächlich darauf gerichtet, durch Verbesserung der Verdampfmethoden den Kohlenbedarf der Fabriken herunterzudrücken und andererseits die Ausbeute an erstem Product zu steigern; diesem Bestreben wollen die verschiedenen Systeme der Krystallisation in Bewegung Rechnung tragen, welche allerdings ausnahmslos ausländischen Ursprunges sind. Von grosser Bedeutung für die Zukunft wird auch das Brasmoskop von Cu rin sein, welches die Arbeit auf der Verdampfstation wesentlich erleichtert und diese automatisch unter Controle stellt. Die Würfelzuckerarbeit hat durch österreichische Techniker manche Verbesserung erfahren. Divis entdeckte eine eigenartige Anordnung der Zucker-Centrifuge zur graduirten Affination und Nikisch construirte 1884 eine Bandsäge zur Erzeugung von Würfelzucker aus Broten und Blöcken. 1885 führte May ein neuartiges Verfahren der Herstellung von Zucker in Streifen oder Stangen ein. In neuester Zeit haben Schröder & Hübner durch Heranziehung der Centrifuge zur Erzeugung von Würfel und Stangen einen wesentlichen Fortschritt angebahnt.

Auf dem Gebiete der Verwerthung der Abfallproducte ist das Verfahren der Schnitzeltrocknung, sowie das Bestreben, die Melasse der Viehfütterung dienstbar zu machen, anzuführen. Die Schnitzel­trocknung hat in Deutschland bereits eine grössere Ausbreitung erfahren. In Oesterreich wurde dieselbe durch die Zuckerfabrik Posteiberg eingeführt. Näheres hierüber ist in der beifolgenden Monographie dieser Fabrik enthalten. Ausser Posteiberg haben die Schnitzeltrocknung bisher nur noch die Zuckerfabriken Wischau, Keltschan und Hatvan eingeführt.

Auch die Rübencultur hat grosse Fortschritte gemacht. Wir besitzen in Oesterreich bereits hervor­ragende Samenzüchter, die landwirthschaftlichen Maschinen sind vervollkommnet, der Dampfpflug fehlt fast in keiner grösseren Rübenwirthschaft, und der Landwirth ist mit Hilfe der verfeinerten Cultur und der Ver­wendung von Kunstdünger auf wissenschaftlicher Grundlage im Stande, Rübe fast auf jedem Boden zu bauen.

Die allgemeine Ueberproduction des Jahres 1894/95 hat abermals zu einer scharfen Krise geführt; die Rohzuckerpreise giengen von 24 fl. auf 1 1 fl. zurück und vermochten sich seither nur auf ungefähr 12 fl. 50 kr. loco Aussig ohne Steuer zu erholen. Nicht nur aus diesem Grunde, sondern auch weil Deutschland im Jahre 1895 seine Prämien auf das Doppelte erhöhte, musste auch in Oesterreich die Zucker-Industrie von Seite des Staates unterstützt werden, damit diese nicht vom Weltmärkte verdrängt werde. Dies geschah durch Erhöhung des Prämiencontingentes von 5 auf 9 Millionen Gulden. Während Deutschland jedoch seither seine Erzeugung von 16,370.000 Metercentner auf 18,370.000 Metercentner erhöht hat, vermochte Oesterreich in der Campagne 1897/98 nur mehr eine solche von 8,217.000 Metercentner zu erreichen.

Da die Krise im Jahre 1897 mit unverminderter Schärfe fortbestand, eine Staatshilfe nicht zu erwarten war, und auch eine Aenderung der Besteuerung nur sehr schwer und erst nach langer Zeit durchzuführen gewesen wäre, war es ein Gebot der unabweislichen Nothwendigkeit, eine Pflicht der Selbsterhaltung der Zucker-Industrie, den Weg der Selbsthilfe zu betreten.

Die Raffinerien waren in Folge der tristen Verkaufsverhältnisse schon früher gezwungen, den inländischen Absatz zu contingentiren. Die Krisis des Jahres 1894/95, sowie die zwingende Nothwendigkeit, den Vereinbarungen der Raffinerien durch Interessirung der Rohzuckerfabriken an denselben eine dauernde Basis zu geben, führten zum Abschlüsse des Uebereinkommens zwischen den vereinigten Rohzuckerfabriken und Raffinerien. Durch diesen Abschluss hat die Zucker-Industrie wenigstens das Schlimmste von sich abgewendet, indem durch Regulirung der Absatzverhältnisse im Inlande allen betheiligten Factoren, dem Rübenbau, der Zuckerfabrication und der Raffination, ein ständiges, nicht zu überschreitendes Existenzminimum gewährt wird.

Der beschränkte Raum, der für diesen Aufsatz zur Verfügung gestanden ist, hat nur eine cursorische Behandlung gestattet. Die nachfolgenden Monographien werden jedoch manche Lücke ausfüllen und damit das Bild von dem Werdegange und der heutigen Grösse der österreichischen Zucker-Industrie sowie ihres Werthes als eines der wichtigsten wirthschaftlichen Factoren unseres Vaterlandes vervollständigen.