Schlösser, Klöster oder sonstige zu Gebote stehende Gebäude zu adaptiren, ohne Rücksicht darauf, ob die Lage des Ortes eine geeignete wäre und ob Wasser und die sonstigen Erfordernisse zur Verfügung stünden. Auch hier sollte ein unbenütztes Schloss, Kurowitz, zur Betriebsstätte gemacht werden; davon kam man jedoch ab, und es wurde bei einer Schwefelquelle ein Neubau errichtet, welcher nebst der Zuckerfabrication des höheren Ertrages wegen auch als Badeanstalt dienen sollte.

Mit der Leitung des Baues, sowie später auch mit der des Betriebes wurde Alois Sukup, der Vater des heutigen Directors, betraut, und zwar auf Vorschlag Dr. Kodweiss, der selbst die Inspection über die Fabrik inne hatte.

Welchen bescheidenen Umfang dieselbe in ihrem Beginne hatte, können wir aus den Zahlen der Baurechnung, welche uns noch erhalten ist, entnehmen. Die ganze Anlage hatte 19.485-88 fl. C.-M. gekostet. Die Ausstattung be­stand aus folgenden Stücken: Ein Göpel, von acht Ochsen betrieben, welcher als bewegende Kraft die Wasserpumpen, die Rübenwaschmaschine und die Reibcylinder in Gang setzte.

In vier Läuterkesseln wurde die Saftreinigung vorgenommen. Vier offene Abdampfpfannen dienten zur Ein­dickung und vier Kupferpfannen zum Fertigkochen der Säfte. Selbstverständlich waren alle diese Gefässe über directes Feuer gestellt, ebenso zwei Kühler, in welchen sich die Krystallbildung vollzog. In offenen Holzbottichen von sechs Fuss Höhe und zwei Fuss Durchmesser wurde die Filtration über Knochenkohle vorgenommen. Der Transport der Säfte von einer Station bis zur anderen erfolgte in offenen, hölzernen Traggefässen.

Aus den Kühlern wurde die Füllmasse in trockene Formen gefüllt und, nachdem sie über weissen Thon ge­deckt war, als Melis Lomps oder Bastern in den Handel gebracht. Die damals bezüglich der Qualität gestellten An­sprüche waren recht geringe, dabei der Preis ein ganz annehmbarer: Bis zu 38 fl. C.-M. wurde für einen Wiener Centner gezahlt.

Die Rüben stammten aus den eigenen Oekonomien. Graf Stockau hatte den Oberamtmann und nachmaligen Gutsdirector Diebl nach Königsaal entsandt, um dort die Rübencultur zu studiren.

Die erste Campagne 1837/38 umfasste 104 Arbeitstage, und es wurden 715.156 Kilogramm Rübe verarbeitet, somit pro Tag 68V4 Metercentner.

Schon in der dritten Campagne steigerte sich die Verarbeitung auf 17.860 Metercentner bei 153 Betriebs­tagen. Die Tagesleistung war somit auf 1 i 6 3 /4 Metercentner gestiegen. Dadurch erhöhte sich natürlich die Rentabilität der Fabrik um ein Beträchtliches.

Trotz dieser Erfolge sehen wir nach Ablauf des dritten Jahres den Verwalter Alois Sukup aus seiner Stelle scheiden. Er wandte sich nach Sokolnitz, um hier auf den Gütern des Fürsten Dietrichstein ein gleiches Etablissement zu begründen.

Die Leitung der Napagedler Fabrik übernahm nun Georg- Beckel, welcher durch zehn Jahre an deren Spitze stand. In dieser Zeit erfuhr der Geschäftsbetrieb eine bedeutende Ausdehnung. Während die Ausgaben in der ersten Campagne 33.338-32 fl. betragen hatten, waren dieselben im Jahre 1849/50 schon auf 125.533*74 fl- gestiegen. In der Erzeugungsweise waren bis dahin keine grossen Fortschritte zu verzeichnen, was schon daraus erhellt, dass noch immer für 100 Kilogramm verarbeiteter Rübe 47 kr. Lohn bezahlt werden musste.

Die Güte des Fabrikats hatte sich bedeutend erhöht; allerdings war der Verbrauch von Spodium ein grösserer geworden und betrug 17*5%.

Die Campagne 1849/50 ist für die Zuckerfabrication besonders bedeutungsvoll; in dieselbe fällt die erste Ein­hebung einer Rübensteuer, und zwar im Ausmaasse von 9-58 kr. pro 100 Kilogramm Rübe.

x\m 1. August 1850 übernahm P. C. Siedek die Leitung der Fabrik. Es war gerade zu Beginn einer wich­tigen Epoche, die für die österreichische Zucker-Industrie anbrach. Die Steigerungsfähigkeit der österreichischen Production wurde durch den Vergleich des inländischen Consums mit dem des Auslandes klar erkannt. Während dazumal der Verbrauch in Europa

an Colonialzucker 7,560.000 Metercentner - » Rübenzucker 1,977.800 »

Summe . . 9,537.800 Metercentner

betrug, was pro Kopf der Bevölkerung einen Verbrauch von 3 1 / 2 Kilogramm bedeutete, bestand der österreichische Consum blos

an Colonialzucker 425.600 Metercentner » Rübenzucker 168.000 »

Summe . . 593.600 Metercentner

d. i. pro Kopf r6 Kilogramm pro Jahr.

Da nun, abgesehen von dem zu erwartenden steigenden Consum auch die Tendenz herrschte, den Colonial­zucker immer mehr zu verdrängen, so war eine ungemein günstige Conjunctur voraussichtlich.

Es entstanden denn auch in den Jahren 1849 bis in Oesterreich 35 neue Zuckerfabriken, aber auch die alten setzten Alles daran, ihre Leistungsfähigkeit auf das möglichste zu erhöhen.

Der damalige Leiter der Napagedler Fabrik, P. C. Siedek, versäumte nichts, was geeignet gewesen wäre, das unter seiner Leitung befindliche Unternehmen vorwärts zu bringen. So wurde im Jahre 1851/52 schon mit dem Einkauf der Rübe bei den Bauern begonnen, die Zuckerausbeute wurde durch Hinzufügen hölzerner Vor- und Nach­pressen zu den bestehenden eisernen Spindelpressen gesteigert. Es war aber auch nöthig, den Betrieb so ökonomisch als möglich zu gestalten, wurden doch die Productionsbedingungen durch fortwährendes Steigen der Rübensteuer, die sich bis auf 16 kr. erhob, ungünstig beeinflusst.

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