Ungarn erzeugt 186,913.040 Hektolitergrade. Unter Annahme durchschnittlicher Umrechnungsverhältnisse wurden zur Erzeugung dieser Productionsmenge verbraucht 3,080.000 Metercentner Malz. Für diese wurden benöthigt 4,052.000 Metercentner oder 40.520 Waggons Gerste. Wird der Durchschnittspreis pro Meter­centner nur mit 9V4 fl- angenommen, so beziffert sich der Werth der verarbeiteten Gerste auf rund 37,481.000 fl. Der Hopfenverbrauch lässt sich auf 46.730 Metercentner im approximativen Durchschnitts- werthe von 11,682.000 fl. schätzen. Daraus ergibt sich also, dass die Brau-Industrie der angeführten Campagne von der Landwirthschaft Braumaterialien im Gesammtwerthe von rund 50,000.000 fl. bezogen hat. Der gesammte Kohlenverbrauch lässt sich mit ungefähr 1,600.000 Metercentner Steinkohle und 2,200.000 Metercentner Braunkohle im Gesammtwerthe von 2,540.000 fl. veranschlagen. Das gesammte in der Brau-Industrie investirte Capital dürfte die Höhe von einer Viertelmilliarde erreichen. An Löhnen für das Arbeitspersonale werden approximativ 12 Millionen Gulden jährlich gezahlt. Gegenüber anderen Industriezweigen ist die Zahl der im Brauereibetriebe beschäftigten Arbeitskräfte verhältnismässig gering. Die Gefahr von massenhaften Arbeiterentlassungen oder Lohnherabsetzungen ist bei dem gleichmässigen, stets ansteigenden Productionsgange fast ausgeschlossen. Nur im Gefolge einer Steuererhöhung, die stets mit einer Restriction des Consums, mit einer Abnahme des Absatzes verbunden ist, könnte die sociale Frage auch in diesem Gewerbe in grösseren Dimensionen auftreten. Der Friede zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wurde, dank des guten Einvernehmens, das zwischen beiden stets geherrscht hat, nie in grösserem Maasse gestört, und jeder einzelne Unternehmer ist bemüht, in seinem Betriebe dem Fort­schritte in Bezug auf die Ausgestaltung von Wohlfahrtseinrichtungen Rechnung zu tragen. Die Anlage von Arbeiterwohnungen in manchen Braustätten ist geradezu als eine mustergiltige zu bezeichnen. Zahl­reich sind die Beträge, die aus verschiedenen Unterstützungsfonden in Gestalt von Wandergeldern, Spenden an erwerbsunfähige Brauhausarbeiter und Pensionen gezahlt werden. Die seitens der Gewerbeinspectorate angeordneten Vorkehrungen zur Unfallsverhütung und Arbeitserleichterung gelangen in vollkommenster Weise zur Durchführung.

Ein grosses Verdienst, diese socialen Fortschrittsbestrebungen zu unterstützen, gebührt vor Allem den zahlreichen Brauerverbänden, welche sowohl auf diesem Felde, wie zur Wahrung der allgemeinen Interessen der Industrie gegenüber der Oeffentlichkeit und den Kreisen der Staatsverwaltung auf eine rühm­liche und erfolgreiche Thätigkeit blicken dürfen.

Als Centralorgan functionirt der »Oesterreichische Brauerbund«, gegenwärtig »Centralverband der Brauvereine Oesterreichs mit dem Sitze in Wien. Derselbe wurde am 17. April 1882 gegründet. Zu seinen hervorragendsten Actionen gehörte die Stellungnahme zur Biersteuer­angelegenheit, insbesondere zur Frage der Restitution beim Bierexporte, der Einführung eines Messgefässes, zu den Landes- und Communalumlagen, Aenderung des Steuersystems durch Ein­führung der Malzsteuer, Discussion des Projectes einer allgemeinen Alters- und Invaliditätsversicherung für Brauarbeiter, einer Feuer-Assecuranzanstalt für die Brauereien u. s. w. Dem »Brauerbund« verdankt auch der Verzehrungssteuer-Beirath sein Entstehen. Dieser vom Finanzminister Plener am 3. Jänner 1895 activirte Beirath ermöglicht der Brau-Industrie eine gewisse, wenn auch bescheidene Mitwirkung bei der Schaffung neuer Steuergesetze und Vorschriften. Selbst Parteienrecurse, über die das Finanzministerium zu entscheiden berufen ist, können, wenn deren Entscheidung von einer Frage technischer Natur abhängt, diesem Beirath unterbreitet werden. Die Mitglieder dieser permanenten Expertise werden von den Handels­kammern ernannt, auch werden derselben Vertreter der Finanzverwaltung beigezogen. Bisher wurde der Brauerbund erst ein einzigesmal, als es sich um die Berathung der Einführung der Malzsteuer handelte, einberufen, und das Begehren der Brau-Industriellen geht dahin, es möge demselben häufiger Gelegenheit gegeben werden, die Wünsche der Industrie maassgebenden Ortes vortragen zu können.

Die meisten Mitglieder zählt der »Brau-Industrieverein für das Königreich Böhmen«, welcher unter allen österreichischen Landesvereinen der älteste ist und auch eine eigene Zeitung herausgibt. Seine Gründung fällt in das Jahr 1873. Ebenso wie bei dem »Oesterreichischen Brauerbund« sind es in erster Reihe Biersteuerfragen, mit denen sich der Verein beschäftigte. Ausserdem wurde seitens desselben die Errichtung einer Altersversicherung für Brauarbeiter durchgeführt; bei Wanderversammlungen werden technische und commerzielle Fragen eingehend discutirt.

Zu den ältesten Corporationen gehört die Prager Braugenossenschaft. Sie ist berechtigt, sich Nach­folgerin jener alten Zünfte zu nennen, deren erste schon im Jahre 1456 privilegirt wurde. Die Prager

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