Brau-Fachschule und Gehilfenschule, die Wanderherberge werden aus ihren Mitteln erhalten; ansehnliche Beträge werden alljährlich zur Unterstützung von wandernden Gesellen und erwerbsunfähigen Brauern verwendet. Es gibt keine die allgemeinen Interessen des Prager Braugewerbes berührenden Fragen, welche dieser Verein nicht in Angriff genommen und einer befriedigenden Lösung zugeführt hätte.

Ausserdem bestehen in der diesseitigen Reichshälfte der »Verein österreichischer Malzfabrikanten« in Olmütz, der »Brauherrenverein für Wien und Umgebung«, der »Mährische Brauherrenverein« (Brünn), der »Alpenländische Brauherrenverein« (Graz), der »Oberösterreichische Brauherrenverein« (Linz) und der »Galizische Brauerverein«.

In nicht zu unterschätzender Weise wird die Associationsthätigkeit der österreichischen Brauer durch die Fachpresse unterstützt, die durch ihre Gediegenheit, den Reichthum des Inhaltes, eingehende Erörte­rung der brennendsten Tagesfragen und durch ihr energisches, strammes Vorgehen im Geiste des in­dustriellen Fortschrittes erfolgreich mithilft. Als solche sind zu nennen: die Brauer- und Hopfenzeitung »Gambrinus« (gegründet 1874), herausgegeben und redigirt von Sigmund Spitz und Adolf Lichtblau, Fassbenders »Allgemeine Zeitschrift für Bierbrauerei und Malzfabrication«, »Der böhmische Bierbrauer«, die Zeitschrift des Brau-Industrievereines für das Königreich Böhmen, redigirt von Prof. Anton Schmelzer, die »Oesterreichische Brauer- und Hopfenzeitung«, herausgegeben und redigirt von Prof. Karl Tiller, die Zeitschriften »Ivvas« und »Pivovarskö listy«.

Es ist unmöglich, bei einer kurzen Rundschau aller jener literarischen Erscheinungen der Neuzeit auf dem Gebiete des Brauwesens, die Oesterreicher zu Verfassern haben, zu gedenken und deren Bedeu­tung zu würdigen. Die folgende Nennung einiger hervorragender Autoren macht keineswegs den Anspruch auf Vollständigkeit. Es sind dies (ausser den oben angeführten) noch Namen wie: Belohoubek, Cho- dounsky, Hanamann, Jalovetz, Rohn, Schwackhöfer, Schwarz, Thausing etc.

Wenn der Brau-Industrie auf den Ruhmestafeln der österreichischen Industrie ein nicht untergeord­neter Platz zukommt, so fällt dies Verdienst theilweise dieser wistDen Mitarbeiterschaft zu. Desto mehr

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verwundern muss es, wie gering entwickelt in der öffentlichen Meinung die primitivsten Kenntnisse von der Technik der Bierbereitung sind, so dass sich selbst gebildeten Ständen angehörige Leute finden, welche glauben, man könne Bier ohne Hopfen und Malz bereiten. Das sind in der That Dinge, worüber, wie man glauben sollte, auch in dem verdrehtesten Kopfe kaum irgend ein Zweifel herrschen könnte. Es gibt wohl kaum einen Lebensartikel, den zu kritisiren sich Jedermann für so berechtigt hält, wie das Bier. Sich jedoch darüber eine Aufklärung zu verschaffen, in welcher Weise dieses Volksgetränk erzeugt wird, welcher Aufwand an Arbeit und Capital, an strenger, consequenter Beobachtung der Betriebsvorgänge dazu gehört, hält Niemand der Mühe werth.

Es ist wahr, dass zu Beginn dieses Jahrhunderts die Brauer keine Kenntnis von jenen chemischen, physiologischen und mechanischen Vorgängen hatten, die den Brauprocess ausmachen. Es wird erzählt, dass, wenn zur Zeit, wo das Bier auf den Kühlen lag, ein Gewitter drohte, eine unsägliche Angst den Braumeister und das ganze Personale erfasste, das Bier könnte unter den Einflüssen dieser bösen Wetter verderben. Je mannigfacher die Formen des Aberglaubens waren, desto verbreiteter war die Frömmigkeit, ein resignirter Glaube an das Schalten und Walten guter und böser Mächte. Aber die Wissenschaft hat in dieser Nacht des Wissens die Leuchte entzündet und jene Irrmeinungen und Vorurtheile gebannt, die wie geistige Nebel über der Welt des technischen Schaffens lagerten. Man weiss nunmehr, dass das Bier kein blos chemisches, sondern zugleich ein organisches Product ist, dass die Lebensthätigkeit von gährungserzeugenden Organismen seinen Charakter bestimmt. Von dem Augenblicke an, wo die Haupt- gährung beginnt, bis zu dem Momente, wo das Bier genossen wird, befindet es sich in einem fortdauernden organischen Umwandlungsprocess; es trägt Lebenskräfte in sich, die sich entwickeln, wachsen und sterben, ebenso wie im menschlichen Organismus. Dort aber, wo man vom Leben spricht, existiren auch Krank­heiten, und in dem Maasse, als sich die Kenntnis der Pathologie des Bieres vertieft, das Wissen aller ge­fährlichen Einflüsse erweitert, ergibt sich eine unerschütterliche Sicherheit und eine vollständige Beherr­schung der Betriebsweise. So ist es gewiss ein statistisches Factum, dass so wie die Qualität der Biere im Allgemeinen sich stetig verbessert, man ebenso selten von dem Misslingen eines Gebräues hört.

In diesem wissenschaftlichen und technischen Fortschritt gibt es keinen Stillstand. Wenn man prophezeien wollte, dass um das Jahr 2000 die Gesammterzeugung der österreichischen Bier-Industrie 200 Millionen Hektoliter betragen und Etablissements mit einer Jahreserzeugung von 2 Millionen Hekto-

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