Das Bürgerliche Brauhaus sollte zunächst den localen Bedarf decken und die Concurrenz mit dem nach Pilsen eingeführten Biere aufnehmen. In wahrhaft überraschender Weise ist es ihm aber gelungen, mit seinen Erzeug­nissen den Namen Pilsens in alle Fernen zu tragen und so dieser Stadt jene Berühmtheit zu verschaffen, derzufolge sie als eine Bier-Metropole in beiden Hemisphären bekannt ist.

Mit unbestreitbarem Rechte darf sich das Bürgerliche Bräuhaus in Pilsen die Urquelle des Pilsener Bieres nennen, es darf auch den moralischen Erfolg verzeichnen, dass es mit seinem Erzeugnisse den Impuls zur gründ­lichen Regenerirung der böhmischen Bier-Industrie, an deren Spitze es steht, gegeben hat.

Das Product des Bürgerlichen Brauhauses, welches dank seiner vorzüglichen specifischen Eigenschaften, die in der goldhellen Farbe und in dem erquickenden kräftigen Geschmacke hervortreten, als Genussmittel beliebt wurde, und dessen hygienischer Werth bei ärztlichen Autoritäten Anerkennung und Würdigung in der Praxis fand, hat seinen Siegeszug über die ganze Erde gehalten und sich den Weltmarkt erobert. Dieser Triumph fand auch äusser- lich seine Bestätigung in den zahlreichen höchsten Auszeichnungen, welche dem Bürgerlichen Bräuhause auf allen Ausstellungen, die es beschickte, zu Theil wurden.

Die Productionsmenge des ersten Braujahres im Bürgerlichen Bräuhause zu Pilsen betrug 6464 Eimer (3657 Hektoliter), doch von Jahr zu Jahr nahm die Beliebtheit seines Bieres zu, immer grösser wurde der Kunden­kreis, immer weiter drang der Ruf des Pilsener Bieres. Die Verbindung Pilsens mit dem Weltverkehre durch das Schienengeleise der böhmischen Westbahn ermöglichte seit dem Jahre 1862 die Versendung des Bieres in grossen Quantitäten nach Prag, Wien und dem Auslande, so dass eine Phase schnell fortschreitender Entwickelung in der Production und in der Anlage begann.

Wie rasch die Production wuchs, ist aus nachstehender Tabelle zu ersehen. Es wurden im Jahre

1842/43

erzeugt

3-657

Hektoliter,

1884/85

erzeugt

262.120 Hektoliter,

1 844/45

»

5 - 5 *o

»

O

O

O

OO

00

»

392.000 »

1849/50

»

10.865

»

1890/91

»

433-3ÖO

1854/55

»

20.765

»

1891/92

»

462.540 »

1859/60

»

41.830

»

1892/93

»

522.720

1864/65

»

62.440

»

1893/94

»

582.140 »

1869/70

»

108.035

»

i 894/95

»

602.460 »

1874/75

»

201.405

»

1895/96

»

00

00

I"-.

tj-

0

1879/80

»

216.250

»

Der Besitz des Bürgerlichen Brauhauses umfasst ein Areale von nahezu 550.000 Quadratmeter. Auf diesem stehen in zwei grossen Complexen, die durch einen langgestreckten, mit Schienengeleisen belegten Hof getrennt sind, die verschiedenen, dem Brauereibetriebe unmittelbar oder mittelbar dienenden Baulichkeiten.

Es finden sich da die grossartig angelegten, modern eingerichteten Mälzereigebäude, welche nicht weniger als 43 Malztennen mit einem Flächenraume von 15.000 Quadratmeter enthalten; oberhalb derselben liegen die Schütt­böden zur Aufbewahrung der Gerste- und Malzvorräthe, die ein Quantum von 200.000 Hektoliter zu fassen vermögen. An die Mälzereigebäude stossen 16 nach englischem System eingerichtete Malzdörren, mit einer Leistungsfähigkeit von 300.000 Hektoliter bei achtmonatlicher Betriebsdauer.

Auf drei amerikanischen Malzmühlen wird das Malz geschrotet.

Fünf bestens, man könnte sagen elegant eingerichtete Sudhäuser bilden den Mittelpunkt des Brauprocesses. Auf 13 Sudwerken, welche Pfannen zu je 100 Hektoliter Guss enthalten, ist es möglich, 2600 Hektoliter Bier täglich zu erzeugen.

In sechs Kühlhäusern sind 26 schmiedeeiserne Kühlstöcke aufgestellt, auf welchen sich die Kühlung der Würze vollzieht. Dieselbe wird dann in den Gährbottichen, deren Zahl im Bürgerlichen Bräuhause an 2500 beträgt und die in den zehn Gährlocalitäten auf eisernen Kantnern ruhen, dem Gährungsprocesse unterworfen. Die Gähr- keller, welche einen Flächeninhalt von 8000 Quadratmeter haben, sind durchaus mit Granitplatten gepflastert. Eine vortreffliche künstliche Kühlanlage erhält hier die erforderliche niedere Temperatur.

Wahrhaft imposant sind die Lagerkeller, die bei ihrer grossartigen Ausdehnung sie weisen eine Gesammt- länge von mehr als 8 Kilometer auf und bestehen aus 92 in Felsen gehauenen Abtheilungen eine unterirdische Welt bilden. Längs der Wände ruhen daselbst auf eisernen Kantnern die mächtigen, 50 bis 80 Hektoliter fassenden Lagerfässer, deren das Bürgerliche Bräuhaus 6500 Stück sein Eigen nennt.

Die besonderen Vorzüge, welche dem Bürgerlichen Bräuhause aus seiner örtlichen Lage erwachsen, sind:

Der Bräuhauscomplex liegt an dem Radbuza- und Beraunflusse (Vereinigung des Mies- mit dem Radbuza- flusse), so dass es reichlich mit Flusswasser für mindere Reinigungsarbeiten, Kühlmaschinenzwecke und Dampfkessel­speisung versorgt ist. Ausserdem birgt der Brauereibesitz ein vorzügliches Grundwasser, das sowohl in chemischer als biologischer Beschaffenheit für Brauerei- und Mälzereizwecke von grossem Vortheile ist.

Die Bodenbeschaffenheit des Grundes, auf welchem das Bürgerliche Bräuhaus steht, ist insoferne günstig, als in mässiger Tiefe haltbarer Sandstein in günstiger und mächtiger Stärke vorhanden ist, so dass es möglich war, sämmtliche Lagerkelleranlagen durch Ausbrechen des Sandsteines als Sandsteinkeller herzustellen. Die Vor­theile solcher Keller liegen in der billigeren Herstellung und, ihrer entsprechenden Tiefe wegen, in der äusserst geringen Beeinflussung der Kellertemperatur durch die Jahreszeiten.

Die Umgebung liefert eine sehr gute Braugerste.

Das Terrain des Bürgerlichen Bräuhauses ermöglichte die Anlage eines Brauerei-Centralcanals, in welchen sämmtliche Abfall- und Tageswässer des Etablissements mit sehr grossem Gefälle ausserhalb des Brauerei-Gebäude- complexes in den Beraunfluss abgeleitet werden.

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