Vortheilhaft für das Etablissement ist ferner die Nähe des Pilsener Güterbahnhofes, mit welchem es durch ein Uebergabs- und Uebernahmsgeleise verbunden ist.

Die vorhandenen Flüsse und zahlreiche Teiche bieten dem Bürgerlichen Bräuhause im Winter das nöthige Eis.

Dem Biertransporte dienen 250.000 Stück Verschleissgefässe zu 2 /i> 1 /i> V2 unc ^ 7 -i Hektoliter.

Mittelst eines Bieraufzuges, der durch eine Dampfmaschine betrieben wird, gelangen die mit Bier gefüllten Fässer in den Expeditionsraum, wo die Verladung in die Bierwaggons, deren das Bürgerliche Bräuhaus gegen­wärtig über 200 als Eigenthum besitzt, erfolgt. Diese Waggons dienen lediglich dazu, das Bier des Bürgerlichen Bräu - hauses nach allen Richtungen zu bringen, zu welchem Behufe auch die mit eigenen Locomotiven betriebene Ver­bindungsbahn zu den Güterbahnhöfen Pilsens im Jahre 1880 errichtet wurde. In besonders grosser Anzahl gehen natürlich die eigenen Bierwaggons dorthin, wo das Bürgerliche Bräuhaus Vertretungen und Depots besitzt, deren Thätigkeit sich sowohl über den ganzen Continent, als auch weit über See erstreckt.

Neben den besprochenen Anlagen gibt es noch viele Gewerke, die zum Betriebe der Brauerei in Beziehung stehen. Da ist zu erwähnen der grossartige Gefässhof mit neuartig eingerichteten Pich- und Waschhäusern, Gefäss- schupfen, Fassaufzügen u. s. w. In einem Holzgarten von 13.100 Quadratmeter Fläche sind die mächtigen Binderholz- vorräthe des Bürgerlichen Bräuhauses aufgestapelt.

Ein Hof von 12.350 Quadratmeter Fläche fasst die Zimmerei, Tischler- und Schmiedewerkstätten in sich, während die Bindereigebäude eine besondere Abtheilung bilden, in der sich eine grossartige mechanische Werkstätte, mehrere Werkstätten für Handbetrieb, ferner Magazine befinden. Ein kolossales Cisternengebäude versieht die eigentliche Brauerei mit vorzüglichem Wasser, und eine eigene Pechraffinerie liefert das erforderliche Brauerpech.

Die Grossartigkeit des Betriebes des Bürgerlichen Bräuhauses kennzeichnet schon der Umstand allein, dass derselbe mehr als 3000 Waggons Kohle jährlich erfordert, die Beleuchtungsanlage an 3000 elektrische Glühlampen und 40 Bogenlampen umfasst und dass 25 Dampfmotoren von nahezu 1500 Pferdekräften den verschiedensten Zwecken dienstbar sind. An Dampfkesseln, inclusive Reservekesseln, sind 25 vorhanden, deren feuerbestrichene Heizfläche 2508 Quadratmeter beträgt.

An der Spitze der technischen Leitung steht der Oberbräuer, Josef Binder, und ihm zur Seite ein Unter- bräuer mit den sonstigen Chargen. Mehr als 400 Arbeiter sind unter ihrer Aufsicht thätig und mehr als 500 als Binder, Maschinisten, Heizer, Zimmerleute u. s. w. in den anderen Arbeitsabtheilungen beschäftigt.

Aus der Arbeiterschaft ist eine freiwillige Feuerwehr gebildet worden.

Für die ledigen Arbeiter sind Schlafstellen errichtet, welche durchgehends in lichten, geräumigen und den hygienischen Erfordernissen entsprechenden Sälen untergebracht sind. Die Gesammtzahl der Arbeiter beträgt 900, und sind hievon in ununterbrochener Verwendung:

14 Arbeiter seit 30 bis 35 Jahren

26 »

über

25 Jahre

87

»

15 »

107 »

»

10 »

2 12 »'

»

5 »

__454 »

seit

1 bis 5 Jahren

900 Arbeiter.

Von den Wohlfahrtseinrichtungen im Bürgerlichen Bräuhause zu Pilsen seien besonders erwähnt: Die Betriebskrankencasse, Unterstützungscasse für die Beisteuer zu den Begräbniskosten, Unterstützungscasse für Witwen und Waisen, Unterstützungsfond für die Feuerwehr.

Die Administration versehen 20 Beamte, und für die Bauangelegenheiten besteht ein eigenes technisches Bureau.

Die einheitliche Oberaufsicht übt der dreizehngliedrige Verwaltungsrath, der alle drei Jahre von 250 brau­berechtigten Bürgern neugewählt wird, unentgeltlich aus. Es ist dessen oberstes Princip, den Ruf des Pilsener Bieres auf der Höhe zu erhalten, und inwiefern dieses angestrebte Ziel erreicht wurde, davon zeugen die vorangeführten Daten.

Das Bürgerliche Bräuhaus ist stolz darauf, dass es die höchsten Persönlichkeiten zu den Gönnern seines Productes zählen darf, und dass ihm oft die hohe Ehre und Auszeichnung zu Theil wird, die Keller des Allerhöchsten Hofes des österreichischen Kaiserhauses mit seinem Biere versorgen zu dürfen.

In dem Etablissement werden zwei Gattungen Bier erzeugt, und zwar: das Schank- oder Winterbier, welches elfgrädig ist, vor dem Anzapfen einer zwei- bis dreiwöchentlichen Lagerung bedarf und in der Wintersaison ver­sendet wird; dann das Lagerbier, welches zwölfgrädig und hefenfrei ist, demnach eine längere Ruhe vor dem Anzapfen entbehren kann und zumeist in der Sommersaison zum Versandt gelangt.

Das Bürgerliche Bräuhaus in Pilsen besitzt Vertretungen und Depots in: Achen, Agram, Amsterdam, Belgrad, Berlin, Bodenbach, Bremen, Breslau, Brünn, Brüssel, Budapest, Cassel, Chemnitz a. d. S., Dresden, Eisenach, Essen, Frankfurt a. M., Graz, Hamburg, Hannover, Innsbruck, Karlsbad, Klausenburg, Köln a. R., Krakau, Lemberg, Linz, London, Magdeburg, Marienbad, München, New-York, Olmütz, Paris, Pressburg, Reichenberg, Sarajevo, Sofia, St. Gallen, Stettin, Strassburg, Stuttgart, Teplitz, Trautenau, Triest, Utrecht, Warschau und Wien.

Ueberdies findet directer, waggonweiser Versandt des Bieres nach Russland, Spanien und der Türkei statt; der überseeische Versandt erfolgt von den Depots in Bremen, Hamburg, London, Stettin und Triest aus.

Der Export cfes Bürgerlichen Bräuhauses nach dem Auslande, insbesondere aber nach Deutschland und speciell nach Russland, wird durch die verhältnismässig hohen Zölle ungünstig beeinflusst. Der Zoll für das Bier nach Russland ist derart hoch, dass an einen nennenswerthen Bierexport dorthin gar nicht gedacht werden kann.

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