Schon um das Jahr 1860 hatte Mautner die Holz-Maischbottiche mit hölzernem Rührwerk aufgegeben und, an seine Praxis in der Brauerei sich anlehnend, eiserne Bottiche mit Planeten-Rührwerken eingeführt, die sich glänzend bewährten.

Mautner machte mit seiner jungen Industrie die zahlreichen Veränderungen in der Spiritussteuer-Gesetzgebung durch. Jede Besteuerung, vor Allem die Pauschalirungsperiode, drängte die Fabrication in neue Bahnen, die zu finden die höchste Aufmerksamkeit in dieser empfindlichen Industrie erheischte. Das Gesetz von 1884, durch welches die steuerpflichtige Gradhältigkeit des über den Dolainskischen Messapparat geflossenen Spiritus mit 75 % normirt wird, gibt Veranlassung zur Einführung neuartiger Brennapparate in der Hefe-Industrie. Die bis dahin üblichen hölzernen und kupfernen Blasenapparate mit Vorwärmern werden verlassen, um die vorgeschriebene und eine noch etwas höhere Grädigkeit des Spiritus zu ermöglichen. Es treten die Colonnenapparate in Action, welche mit Schlempe­dämpfern combinirt werden, um die in der Fabrication nothwendige Schlempe weiter zu erzeugen. Das System der Colonnenapparate ist auch heute noch in Verwendung, und stehen den Fabriken neun Apparate mit einer täglichen Erzeugungsfähigkeit von 450 Hektoliter Fruchtspiritus, bei einem Gährraume von 13.600 Hektoliter zur Verfügung.

Nachdem zur St. Marxer Brauerei bei ihrer Uebernahme auch circa 90 Joch Oekonomie gehört haben, so wurde die blos zur Verwerthung der Abfälle der Brauerei bestimmte Brennerei in eine Kartoffelbrennerei verwandelt und diese im Jahre 1847 in eine Presshefefabrik. Letztere ist folgendermaassen entstanden:

Die Wiener Bäckerei, die sich seit jeher eines guten Rufes erfreute, benützte als Gährmittel für ihr Weiss­gebäck die obergährige Hefe der Wiener Brauereien. Nachdem die Obergährung des Bieres bis zum Jahre 1847 durch die Untergährung beinahe vollständig verdrängt wurde, so entstand für die Wiener Weissbäckerei und die Bäckerei im Allgemeinen die Calamität, dass das Gährmittel, welches bis dahin im Gebrauche war, verloren gieng, Es sah sich daher die Wiener Bäcker-Innung veranlasst, einen Preis von fl. 1000 für ein die Oberhefe ersetzendes bestes Gährmittel auszuschreiben, was der niederösterreichische Gewerbeverein damit unterstützte, dass er dem Preis­gewinner die Verleihung seiner grossen goldenen Vereins-Medaille zusicherte. Diesen Preis, sowie die Medaille errang Ad. Ig. Mautner Ritter von Markhof im Jahre 1847 und überraschte nicht nur Wien, sondern ganz Europa mit der Erzeugung der St. Marxer Presshefe.

Nachdem Ad. Ig. Mautner Ritter von Markhof bereits jahrelang seit dem Aufhören des obergährigen Bieres das Problem der Presshefe-Erzeugung zu erforschen begann und zu lösen versuchte, war ihm in der Person seines nach- herigen Schwiegersohnes, Julius Reininghaus, ein tüchtiger Mitarbeiter zur Seite gestanden, dessen Ehre und Andenken hiemit gewahrt werden soll. Nach vielen Versuchen und Irrwegen gelang es, die Presshefe zu finden.

Dieselbe hat nebstdem, dass sie als bestes Gährmittel für das Weissbrot eingeführt wurde, eine Quelle grossen Staats-Einkommens hervorgerufen, indem daraus eine mächtige Industrie entstanden ist, die sich nach und nach von Oesterreich aus über Europa und die übrigen Continente, namentlich auch in Amerika verbreitet hat. Sie hat aber auch noch das unvergängliche Verdienst, die ungarischen Mehle in England, Frankreich, Deutschland und Amerika eingeführt und in ihrem Absätze gefördert zu haben, weil dieses kräftige und klebreiche Mehl des neuen Gährmittels bedurfte, um mit Hilfe desselben daraus die berühmt gewordene Wiener weisse Kleinbäckerei hervor­zubringen.

Die Wiener Presshefe und die Presshefe-Erzeugung als solche überhaupt ist von Herrn Ad. Ig. Mautner Ritter von Markhof begründet worden. Die Presshefe zur Erzeugung der berühmten Wiener Kaisersemmeln wurde im Jahre 1847 dadurch dem Wiener Publicum allgemein bekannt, dass bei dem St. Anna-Fest 1847 in St. Marx Tausende solcher Semmeln zur Vertheilung kamen. Nach Erstehen der St. Marxer Presshefefabrik wurde die zweite in Simmering und eine dritte in Floridsdorf begründet. Diese Fabrication hat auch von Beginn an das für die Milchwirthschaft von Wien und Umgebung werthvolle und bis dahin unbekannte Schlempefutter zur Fütterung von Kühen und auch Schweinen gebracht. Die neue Hefe fand überall Beifall, zahlreiche Anerkennungsschreiben von Städten und Innungen und viele goldene und silberne Medaillen wurden dem Erfinder zu Theil. Gleichzeitig mit der Presshefe wurden in den Ausstellungen vom Jahre 1862 in London und 1867 in Paris das ungarische Mehl und die Wiener Kaisersemmel durch den damaligen Vertreter, Bäckermeister Wimmer aus Wien, in jenen Weltstädten bekannt gemacht und eingeführt.

Vom Jahre 1876 an übernahm der älteste Sohn des Begründers, Carl Ferdinand Mautner Ritter von Markhof, welcher alljährlich Fortschritte in dieser Fabrication inaugurirte, die beiden Presshefefabriken St. Marx und Simmering, welche nach dessen Tode im Jahre 1896 in den Besitz seines Sohnes Victor Mautner Ritter von Markhof Übergiengen, während sich die dritte Presshefefabrik in Floridsdorf seit dem Jahre 1864 im Besitze des dritt­ältesten Sohnes Georg Heinrich Mautner Ritter von Markhof befindet.

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