GRAF ROMAN POTOCKI

LIQUEUR-, ROSOGLIO- und RUM-FABRIK

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ine der ältesten industriellen Anstalten Galiziens ist ohne Zweifel dieLiqueur-, Rosoglio- und Rum­fabrik der gräflich Potockischen Majoratsherrschaft in Lancut, welche im Jahre 1838 gegründet wurde. Zu jener Zeit war das Absatzgebiet einer Fabrik in Galizien ein sehr beschränktes, da in Folge Mangels der nöthigen Communicationen die Producte nur in der nächsten Nähe der betreffenden Industriestätten veräussert werden konnten. Im Jahre 1838 begann deshalb der Leiter der Lancuter Liqueur- und Rosogliofabrik, Thomas Fieszar, im Aufträge des damaligen Eigenthümers, Grafen Alfred Potocki, die Erzeugung von Rosoglio, Liqueur und Rum, jedoch nicht für den Absatz im Grossen, sondern nur zur Deckung der Ortsbedürfnisse.

Schon die ersten Producte fanden nicht nur die Anerkennung des Eigenthümers, sondern auch der vielen Mitglieder des Hochadels, welche sich oft in Lancut zu versammeln pflegten, und ebenso erregten sie auch die Zufriedenheit der Ortseinwohner.

In Folge dessen liess der Besitzer die Fabrication alsbald erhöhen, so dass die Fabrik schon im ersten Decennium ihres Bestandes einen Erlös von 11.500 fl. jährlich erzielte. Der immer mehr wachsende Bedarf gab Ver­anlassung zu weiterer Ausdehnung und Verbesserung der Production, und so wurde der erste Branntwein-Raffinerie­apparat von Dolainski aus Wien bezogen und die Fabrik durchwegs vergrössert. Der Erfolg war ein ausser­ordentlicher, denn schon im zweiten Decennium, d. h. von 1848 bis 1858, erzielte das Etablissement einen Absatz von circa 300.000 fl. Die Nachfrage nach den Lancuter Erzeugnissen vermehrte sich trotz der damaligen schwierigen Com­munications- und Handelsverhältnisse von Jahr zu Jahr. Die Fabrik deckte nicht nur den Bedarf Galiziens, sondern ihre Producte wurden auch in Wien, Graz, Prag, Brünn, Budapest und anderen grösseren Städten der öster­reichisch-ungarischen Monarchie gesucht. Das erweiterte Absatzgebiet veranlasste den damaligen Besitzer, bei der k. k. Regierung um ein Fabriksprivilegium anzusuchen, welches ihm auch im Jahre 1857 ertheilt worden ist.

Im folgenden Jahre, 1858, erhielt die Fabrik eine neuerliche Verbesserung in technischer Beziehung, indem neue, moderne Apparate angekauft wurden. Der Betriebsumfang des Unternehmens nahm immer mehr zu, und die Erzeugnisse desselben fanden theilweise auch schon im Auslande Absatz. Im dritten Decennium, 1858 bis 1868, brachte die Firma für circa 480.000 fl. Producte zum Verkaufe. Nach dem Jahre 1868 behielt die Fabrik trotz der starken Concurrenz in der Liqueur- und Rosoglioerzeugung ihre führende Rolle in der Industrie Galiziens. Der damalige Eigenthümer, Excellenz Graf Alfred Josef Potocki, scheute weder Kosten noch Mühe, um die Unternehmung noch höher zu heben. Diese Bestrebungen hatten die besten Resultate im Gefolge. In diesem Decennium betrug der Absatz über 1,300.000 Flaschen im Werthe von circa 600.000 fl.

Während des vierten Jahrzehntes, 1868 bis 1878, zeigte die Production, ungeachtet der Aufstellung eines C olonnen- Raffinerieapp ar ates, keinen wesentlichen Fortschritt, denn in dieser Zeit entstanden in Galizien viele neue Rosoglio- fabriken, welche dem Lancuter Etablissement durch Ermässigung der Preise Concurrenz zu machen suchten, doch verminderte sich der Verkauf trotzdem nicht, sondern blieb auf dem vorher erreichten ansehnlichen Stande.

Im fünften Decennium, d. h. bis 1888, stieg die Nachfrage nach dem Lancuter Product derart, dass sich Graf Alfred Josef Potocki genöthigt sah, die Gebäude gründlich umzubauen und zu vergrössern. F.s wurde von der bekannten Maschinenfabrik Ringhoffer aus Prag ein bestens construirter Colonnen-Raffinerieapparat bezogen und aufgestellt, ferner wurden zur Unterbringung der Spiritusreservoire und Tonnen für verschiedene Obstaufgüsse, so­wie zur Aufbewahrung der schon fertigen Waaren grosse Magazinsgebäude errichtet.

Das Jahr 1888, die Zeit der Einführung der neuen Verzehrungssteuer, hat sich für die Firma sehr ungünstig erwiesen. In diesem Jahre blieb die Erzeugung und der Absatz der Fabrik um 40"/,, geg-en das Vorjahr zurück. Aber gleich in den folgenden Jahren steigerte sich die Production fast von Monat zu Monat, so dass im sechsten Jahrzehnt die höchste Ziffer der Erzeugung von 1888 übertroffen würde. Dieser Erfolg ist nur dem Umstande zu verdanken, dass die Lancuter Artikel ausschliesslich reine Obst- und Kräutera.ufgüsse sind und durch längere Zeit am Lager gehalten w T erden, bevor dieselben in den Handel kommen. Die Güte der Fabrikate beweist am besten der im letzten Decennium, 1888 bis 1898. in so hohem Grade gestiegene Absatz, welcher 1,850.000 Flaschen betrug.