zwischen Bozen und Meran ausbreitet, der tirolischen Rebe ihre edelsten Producte abgewinnt, indes im gesegneten Trentino italienische Weinbauern in Bezug auf die Cultur der Rebe würdige Nachfolger ihrer Vor­fahren sind, welchen wir ja überhaupt zuerst die Pflege des Weinstockes in unsere Lande zu verdanken haben. Deutsche, Italiener und Slaven pflegen in den österreichischen Landen den Weinstock, jeder Wiksstamm zum grossen Theile noch in der Weise, wie er sie von den Vorfahren überkommen hat. Der Kopfschnitt ist das am häufigsten angewendete Culturverfahren in den nördlicheren Weinbaugebieten; im Etschlande wird der Weinstock in eigenthümlicher Art in Lauben oder Pergeln (Pergola) gezogen, seltener nach dem italienischen Verfahren als Gewinde von Baum zu Baum, und in Dalmatien findet man je nach der Be­schaffenheit des oft dürftigen Felsbodens auf dem Festlande die Rebe in eben der Weise gezogen, wie es gerade die östlichen Verhältnisse erheischen; auf den nur in geringer Zahl vorhandenen hügeligen Lagen des dalmatinischen Festlandes und weiter noch auf den grossen Inseln hat sich in neuerer Zeit die regelrechte Weingartencultur, wie sie in den nördlicheren Provinzen betrieben wird, Eingang verschafft.

Ebenso wie die Cultur des Weinstockes nach alten, von Geschlecht zu Geschlecht vererbten Regeln betrieben wrnrde, war dies auch mit der Bereitung und Pflege des Weines selbst der Fall. Der fast bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts reichende Mangel an Verkehrsmitteln, welche die Fernverfrachtung grosser Massen ermöglichen, brachte es mit sich, dass die österreichischen Weine nur innerhalb geringer Ent­fernungen von ihren Heimatsorten verbraucht wurden; von einem Weingrosshandel, welcher bedeutende Mengen von Wein aus grossen Entfernungen an sich zieht, konnte nicht die Rede sein. Obwohl Dalmatien unter den österreichischen Provinzen jene ist, welche die grösste Menge von Wein liefert, war der dalma­tinische Wein um das Jahr 1850 in Wien kaum gekannt, höchstens dass man hie und da solchen Wein als eine Besonderheit zu verkosten bekam. Der Verkehr des fernen Dalmatiens mit Triest wurde nur durch Küstenfahrer vermittelt, von Triest bis Wien hätte der Wein auf eine Entfernung von mehr als 500 Kilometer zu Wagen versendet werden müssen; die Frachtkosten hätten den Preis des Weines so erhöht, dass der billigste Dalmatiner in Wien mehr gekostet hätte, als der feinste Weidlinger, der vor den Thoren der Stadt wächst.

Wenn trotz dieser beschränkten und beschränkenden Verkehrsverhältnisse dennoch der Ruf vieler österreichischer Weinsorten ein weitverbreiteter war, so ist diese Erscheinung nur der vortrefflichen Beschaffenheit zu danken, welche diese Weine auch bei der urwüchsigsten Behandlung erlangen. Schon der berühmte Schulmeister Wolfgang Schmelzei an der ersten Bürgerschule bei den Schotten zu Wien (1547) preist die Güte der niederösterreichischen Weine, ebenso ist der Chronist von Ivrain Valvasor ein

Lobredner der krainischen Weine, und zahlreiche Schriftsteller im Deutschen Reiche unter ihnen

auch Hans Sachs rühmen die Weine Oesterreichs in Prosa und gebundener Rede.

Die Güte des Weines und der billige Preis desselben bewirkten, dass bis zur Mitte des 19. Jahr­hunderts der Wein das allgemeine Volksgetränk in den Weinbau treibenden Ländern Oesterreichs war; fast aller im Lande gewachsener Wein wurde auch im Inlande verbraucht. Erst um das Jahr 1850 trat in dieser Beziehung ein Umschwung ein, der sich auf zwei Ursachen zurückführen lässt. Die eine derselben lag in der bedeutenden Erhöhung der Preise aller Lebensmittel, welche eine Folge der damaligen politischen Verhältnisse war und für den Minderbemittelten die Nothwendigkeit mit sich brachte, sich einem billigeren Getränke zuzuwenden. Die andere, vielleicht hier noch mehr ins Gewicht fallende Ursache war aber der mächtige Aufschwung, welchen das Braugewerbe um diese Zeit in Oesterreich genommen hatte; die Menge und die Güte der österreichischen Biere nahm in so bedeutender Weise zu, dass sich,

namentlich in den grossen Städten und in den Fabriksorten, ein sehr bedeutender Theil der Bevölkerung

dem Biere zuwendete. Dass trotzdem die Weinproduction stetig fortschritt und auch die Preise des Weines eine fortwährende Zunahme aufweisen, lässt sich wohl auf die rasche Zunahme der Bevölkerung und die Erleichterung im Verkehre zurückführen, welche durch das Entstehen der Eisenbahnen eintraten. Erst durch das immer dichter werdende Bahnnetz kam der österreichische Weinhandel in die Lage, sich zu einem Grossgewerbe zu entfalten. Der letzterwähnte Umstand hatte aber auch einen, wenn auch unmittel­baren Einfluss auf die Verbesserung in der Weinbereitung selbst.

Der Wein-Grosshandel bedarf für seine Zwecke bekanntlich grosser Mengen von vollkommen flaschenreifen Weinen in bestimmten Sorten. Dieser Anforderung konnte der österreichische Weinbau unter den damaligen Verhältnissen nicht entsprechen. Ausgedehnte Weinbaugüter sind in Oesterreich

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