Für die österreichische Industrie haben die heimischen Curorte endlich die Bedeutung- von Monate lang anhaltenden Marktplätzen, auf denen ein lebhafter Umsatz in den verschiedensten Waaren, sowohl täglichen Bedarfs- als Luxusartikeln, stattfindet. Der ausländische Kaufmann lernt aber auch hier den Stand der österreichischen Industrie kennen, und auf diese Weise wurde manch grossartiger Export heimischer Producte, so der Glaswaaren, des Granatschmuckes u. s. w., bis in die weitesten Fernen, in fremde Welttheile angeregt.

Die Versendung der österreichischen Mineralwässer, sowohl derjenigen, welche als gesundheits- gemässes Tafelgetränk, wie solcher, die als specielle Heilwässer verwerthet werden, bildet einen wichtigen Handelsartikel, dessen Bedeutung sich namentlich in den letzten zwei Decennien in so ausserordentlicher Weise gehoben hat, dass der Betrieb desselben sich zu einer Gross-Industrie entwickelte. So hat die Versendung der berühmten Karlsbader Heilquellen erst im Jahre 1844 begonnen und in der verhältnis­mässig kurzen Zeit einen solchen Aufschwung genommen, dass im Jahre 1897 bereits 1,675.000 Flaschen Karlsbader Wasser versendet wurden. So hat der weltbekannte Giesshübler Säuerling in 7,854.726 Flaschen im letzten Jahre die Reise durch die Welt gemacht, so hat der treffliche alkalische Sauerbrunn Bilins im Jahre 1897 3,501.766 Flaschen verschickt, das erst seit 1873 bekannte Krondorfer Tafelwasser, der Sauerbrunnen, in demselben Jahre 3,232.387 Flaschen abgesetzt. Die jährliche Pachtsumme für den Ver­kauf der Karlsbader Mineralwässer und Quellenproducte betrug im Jahre 1844 nur 500 Gulden und ist seit­dem auf 175.000 Gulden jährlich gestiegen.

Auch die aus den Mineralwässern gewonnenen Producte, zu Heilzwecken mehrfach empfohlen, finden einen steigenden Absatz; vor Allem die durch Abdampfung und Krystallisation aus den Glaubersalz, KochsalzundkohlensauresNatron enthaltenden Heilquellen dargestellten, zum innerlichen Gebrauche benützten Salze und Pastillen, ferner die Mineralmoorerden und die aus ihnen für Bäder verwertheten Moorsalze und Moorlaugen. So wurden im letzten Jahre von Franzensbad 39.985 Kilo Moorerde, 1800 Kilo Moorsalz, von Karlsbad 51.250 Kilo Quellproducte verschickt.

Unser österreichisches Vaterland bietet Ouellen-Heilschätze der mannigfaltigsten Art:

Einfache und alkalische Säuerlinge, ausgezeichnet durch reichen Gehalt an freier Kohlensäure und mehr oder minder bedeutenden Gehalt an kohlensaurem Natron, treten an unzähligen Stellen zu Tage, wo dem Boden das kohlensaure Gas entströmt. Ausserordentlich viele dieser Säuerlinge sind noch ohne regel­rechte Fassung und dienen zumeist nur als Erfrischungsgetränk für das Volk in der nächsten Umgebung des Ursprunges dieser Quellen. Eine grosse Zahl dieser Säuerlinge ist jedoch vorzüglich gefasst, wird sorgfältig gefüllt und ist zum Objecte eines grossen Exportes geworden. Viel lässt sich noch auf diesem Gebiete leisten, um der Industrie des Versandtes natürlicher Säuerlinge einen mächtigeren Aufschwung zu geben. Als Beispiele musterhaften Betriebes durch Anwendung aller baineotechnischen Hilfsmittel, sowie vorzüglichen Erfolges der zielbewussten kaufmännischen Leitung des Unternehmens sind die alkalischen Säuerlinge von Giesshübel und Krondorf in Böhmen, sowie der an Alkalien reichste Sauerbrunn von Bilin in Böhmen zu nennen. In diese Gruppe gehören auch die Quellen von Preblau in Kärnten, Johannisbrunn in Schlesien, von Radein in Steiermark, die Fellathalquellen in Kärnten. Bei allen Mineralwässern dieser Gruppe steht die Versendung der Quellen im Vordergründe, während der Besuch von Curgästen an Ort und Stelle ein geringer ist.

Die alkalisch-muriatischen Säuerlinge, charakterisirt durch den grösseren Gehalt an Kochsalz neben dem kohlensauren Natron und der Kohlensäure, sind in Oesterreich in erster Linie durch Gleichenberg in Steiermark, dann durch Luhatschowitz in Mähren und Szawnicza in Galizien repräsentirt. Sie werden vorzugsweise an ihrem Ursprungsorte zu curmässigem Trinkgebrauche, zur Inhalation und zu Bädern ver­wendet, aber auch stark versandt. Vollendete moderne Einrichtungen besitzt Gleichenberg, dessen Ruf als Curort für Erkrankungen der Athmungsorgane mit Recht in stetem Aufstiege ist. Ausser den Mineral­wässern werden in diesen Curorten Milch und Molke zu systematischem Genüsse in grossen Mengen verbraucht.

Von den Schwefelquellen, welche Schwefelwasserstoff und Schwefelverbindungen als normalen Bestandtheil enthalten, geniessen die warmen Mineralwasser von Baden bei Wien grossen Ruf und werden in diesem Curorte zum Trinken und Baden benützt.

An Eisenwässern, jenen Mineralquellen, welche bei geringer Gesammtmenge fester Bestandtheile einen relativ hohen Gehalt an Eisen aufweisen, besitzt Oesterreich eine grosse Zahl sehr kräftiger Quellen,

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