Im Rahmhebeapparat wird der Rahm entweder abgekühlt oder auch pasteurisirt, je nachdem es nöthig ist.

Die Kippbassins bestehen aus einem Reservoir, in welchem ein zweites »kippbar« befestigt ist. In dem Raume zwischen beiden befindet sich Wasser, welches dem Bedarfe entsprechend temperirt wird, so dass auf diese Weise nicht nur der Rahm vor dem Entleeren der Kippbassins in die zwei Holsteinschen Butterfässer (von Pfann- hauser, Wien) im Wasserbad auf die genaue zum Verbuttern nöthige Temperatur gebracht, sondern auch bei Ver­wendung von Rahm-Reinculturen die zur Rahmreifung nöthige Temperatur genau eingehalten werden kann.

Im Butterraum befindet sich weiters der Butterkneter, auf welchen die aus dem Butterfass kommende Butter unter fortwährendem Zufluss von gekühltem, pasteurisirtem Wasser gewaschen und von der Buttermilch befreit wird, sowie der Marmortisch, auf welchem sich das Formen der Butter vollzieht. Ausserdem ist im Butterraum auch ein Kühlraum (Patent Kisch, Berlin) vorhanden, in welchem die geformte Butter durch Anwendung von kalter, trockener Luft getrocknet und, sobald selbe durch die kalte Luft fest geworden ist, in Pergamentpapier gehüllt und zum Ver­kaufe fertiggestellt wird.

Im ersten Stock befindet sich noch die Sterilisiranstalt. Daselbst ist ein Flaschen- und ein Milchsterilisir- apparat, sowie eine Dampfturbinencentrifuge zum Reinigen der Milch. Durch das Centrifugiren der Milch wird selbe nicht nur von den darin enthaltenen mechanischen, zufälligen Verunreinigungen befreit, sondern es wird hiebei auch der sogenannte Milchschlamm aus derselben entfernt, jene widerwärtige, gallertartige Masse, welche in jeder Milch vorkommt und nichts weniger als appetitlich ist.

Die leeren Flaschen werden der Einwirkung des Dampfes bei 150° C. ausgesetzt und dann erst mit der Milch gefüllt, geschlossen und so die Milch in strömendem Dampf bei 102 0 C. sterilisirt.

Es wird hier Kindermilch in vier verschiedenen Concentrationen, den verschiedenen Kindesaltern entsprechend, sterilisirt. Die Kindermilch wird auf der eigenen Gutswirthschaft in hohen, luftigen Stallungen von Kühen, die blos mit Trockenfutter das ganze Jahr gleichmässig gefüttert werden, ermolken, natürlich unter Berücksichtigung der weit­gehendsten Reinlichkeit im Stall und bei der Milchgewinnung. Ferner wird hier Fettmilch, eine Milch, deren Zusammen­setzung durch Entziehung eines Theiles des Caseins, sowie durch Milchzuckerzusatz der Frauenmilch ziemlich gleich- werthig gemacht wird, erzeugt und sterilisirt und ausserdem noch gewöhnliche Milch sterilisirt.

Im Souterrain endlich befinden sich die Materialien- und Eiskeller, die mit Dampfheizung versehenen Käse­reifungsräume, die mit künstlicher Kühlung versehenen Räume für Butter und sterilisirte Milch und zwar für letztere mit einem so grossen Kühlrohrnetz, dass die sterilisirte Milch binnen einer Stunde in der Flasche von der Siede­hitze auf o° abgekühlt werden kann sowie die Kühlanlage selbst. Das ganze Etablissement ist elektrisch beleuchtet.

Im Betriebe sind 140 bis 145 Personen beschäftigt, darunter 8 Beamte. Der Wagenpark besteht aus 33 diversen Wagen, die Bespannung aus 38 Pferden. Wohlfahrtseinrichtungen für die Arbeiter bestanden bis zum Regierungs- Jubiläum Sr. Majestät nur in dem Sinne, als den erkrankten Arbeitern die volle Löhnung ohne Abzug ausbezahlt wurde, wogegen die Beträge aus der Krankenversicherung, welche die Firma auch ganz bestreitet, in die Geschäftscasse flössen. Aus Anlass des fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläums unseres Kaisers wurde die Pensionirung der Angestellten durch­geführt, indem sämmtliche im Fabriksbetrieb oder der Oekonomie angestellten Arbeiter der Firma, welche derselben fünf Jahre lang dienen, bei dem Kaiser Franz Josephs-Landes-Versicherungsfonde eingekauft wurden.

Die Angestellten sind alle lange bei der Firma beschäftigt, und es findet nahezu kein Wechsel im Personal statt. Der älteste Bedienstete ist der Portier, der über 30 Jahre in der Familie des Chefs dient. Die Beamten sind alle seit einer geraumen Zahl von Jahren angestellt und ist bis jetzt keiner ausgetreten.

Die Molkerei verarbeitet heute ein tägliches Quantum von 15.000 Liter Milch, wovon etwa 10.500 Liter direct nach Prag und in die Vororte verkauft werden, während der Rest zur Erzeugung von Butter und ver­schiedener Käsesorten verwendet wird.

Das Absatzgebiet für Milch und Schmetten sind Prag und die Vororte, während Butter und Käse, besonders im Sommer, in die Badeorte und nach Nordböhmen versendet werden.

Die Rückwirkung des Molkereibetriebes auf die Landvvirthschaft lässt sich wohl am besten beurtheilen, wenn man in Erwägung zieht, dass 15.000 Liter Milch täglich einem Melkviehstande von circa 3000 Stück Kühen entsprechen, die auf einer Fläche von 6000 bis 8000 Hektar ernährt werden müssen. Der Jahreswerth dieser Milch- production beträgt circa 380.000 fl. ö. W. Die meisten Lieferanten der Molkerei mussten erst zur Einstellung von Melkvieh animirt werden, sind aber heute mit der geregelten Geldquelle, die ihnen den landwirthschaftlichen Betrieb durch Schaffung eines grossen Theiles der nöthigen Baarmittel wesentlich erleichtert, sehr zufrieden.

Der grösste Nutzen, den die Molkerei-Industrie der Landwirthschaft bringt, dürfte aber in der vollständigen und geregelten Ausnützung der Futtervorräthe und Abfallproducte, sowie in der durch die bedeutend gesteigerte Düngererzeugung bewirkten erhöhten Intensivität der Bewirthschaftung von Grund und Boden und der hiemit zusammenhängenden vergrösserten landwirthschaftlichen Production liegen.

In Deutschland hat das Molkereiwesen in den letzten 20 Jahren einen ungeahnten Aufschwung genommen und diese Entwickelung eine äusserst günstige und fruchtbringende Rückwirkung auf die Landwirthschaft ausgeübt; möge in Oesterreich unser Molkereiwesen, trotz der Schwierigkeiten, mit denen es zu kämpfen hat, den günstig an­gebahnten Weg der Entwickelung stetig fortschreiten, und in kürzester Zeit wird es ähnliche Resultate aufzu­weisen haben!

Die Gross-Industrie. V.

369

47