des Arzneischatzes ausmachten. Auch die Organpräparate werden zumeist im grossen hergestellt, indem thierische Drüsen und Organe entweder mit Glycerin verrieben und extrahirt als Flüssigkeiten oder mit Petroläther entfettet und getrocknet als Pulver in Verkehr gebracht werden. Die hervorragendsten Repräsentanten der Organpräparate sind die verschiedenen Sorten von Schilddrüsen-(Thyreoidea-)Präparaten, deren zweifellose Wirkung wissenschaftlich nachgewiesen ist.

7. Verbandstoffe. Die grossen Erfolge, welche die Chirurgie in den letzten Jahrzehnten auf­zuweisen hatte, insbesondere die Einführung der Antiseptik und später der Aseptik durch Lister, haben einen vollständigen Umschwung in der Behandlung von Wunden und damit auch in der Verwendung von Verbandmaterialien herbeigeführt. Während früher die gezupfte Leinwandcharpie das Um und Auf der Wundbehandlung war, erzeugen jetzt unsere Verbandstoffabriken Hunderte, ja Tausende von ver­schiedenen Artikeln, welche alle für die Behandlung von Wunden Verwendung finden. Die Einführung der entfetteten Watte und deren Imprägnirung mit Jodoform und allen möglichen anderen Arzneistoffen, die Anwendung der imprägnirten Gaze, ferner von verschiedenen gestrichenen Pflastermüden, Mosetig- Battist u. s. w. hat dem Arzte eine so reiche Auswahl von Verbandmitteln in die Hand gegeben, dass er für alle Fälle versorgt ist. Sie hat aber auch eine grosse Industrie ins Leben gerufen, welche sich aus­schliesslich mit der Herstellung von Verbandstoffen befasst. Wir nennen in dieser Beziehung nur das Sanitätsgeschäft »Austria« des emeritirten Apothekers Hans Turinsky in Wien, welcher zuerst die Sterilisirung von Verbandstoffen in Oesterreich einführte und auch in vielen anderen Beziehungen bahn­brechend vorgieng, dann die Fabriken von J. Odelga, Sans & Peschka, Berger & Comp, in Wien, Hartmann & Kleining in Hohenelbe, Richter & Comp, in Brüx und G. Hell & Comp, in Troppau, welch letztere Firma auch auf diesem Gebiete ganz Hervorragendes leistet.

8. Quellenproducte. Schon vor hundert Jahren hat die Stadt Karlsbad angefangen, aus dem Sprudel ein Salz zu erzeugen, dessen Absatz im Laufe der Jahre immer grösser wurde. Heute ist ein grosses Salzsudwerk in Karlsbad mit der Gewinnung des sogenannten »Karlsbader Sprudelsalzes« beschäftigt, und der Export desselben nach allen Weltgegenden ist ein so bedeutender, dass das Sprudel­salzwerk jetzt eine der bedeutendsten Einnahmsquellen der Stadt Karlsbad bildet. Das Karlsbadersalz muss auch als der hervorragendste Repräsentant der Quellenproducte angesehen werden. Ein ähnliches Product ist das Marienbadersalz. Auch aus anderen Heilquellen werden Salze zum innerlichen Gebrauche erzeugt. Einen bedeutenden Absatz hat ferner das Franzensbader Moorsalz, welches für Badezwecke ver­wendet wird, ebenso das Darkauer Jodsalz und andere Badesalze. Auch Seifen, Cremes und Pastillen werden aus Heilquellen hergestellt, und sind von den letzteren insbesondere die Biliner Zeltchen in Oesterreich sehr beliebt und verbreitet.

g. Pharmaceutische Bedarfsartikel. Im Laufe der letzten fünfzig Jahre sind in Oesterreich eigene Fabriksetablissements entstanden, welche sich nur mit der Erzeugung von Apparaten, Utensilien und Einrichtungsstücken für Apotheken befassen. Dieselben liefern und fabriciren nicht nur die Glasstand- gefässe für die Apotheken, Waagen und Gewichte, Destillirapparate für Laboratorien, Kochkessel und Dampfapparate etc., sondern überhaupt alles, was nur zum Betriebe der Apotheke an Bedarfsartikeln nothwendig ist, auch Medicingläser, Cartonagen, Falzkapseln u. dgl. Solche Etablissements gibt es jetzt in Wien schon eine grosse Anzahl, und nennen wir davon nur die Firmen Hammer & Vorsak, Hermann Steinbuch, Karl Franke, Schantz & Junghans, Max Glaser in Wien, Karl Schürer in Prag etc.

10. Sodawasser. Ueber diese Industrie haben wir bereits in der Einleitung ziemlich ausführlich berichtet; es sei hier nur noch nachgetragen, dass die Kohlensäure zur Imprägnirung des Sodawassers durch Zersetzung von Magnesit oder Marmor mittelst Schwefelsäure gewonnen, dann durch Waschen gereinigt und damit ein gutes Trinkwasser imprägnirt wird. Ursprünglich pflegte man auch etwas doppelt­kohlensaures Natron und eine Spur Kochsalz dem Wasser zuzusetzen, was aber später aufhörte. In den letzten Jahren ist diese Art der Herstellung von Sodawasser verdrängt worden durch die Imprägnirung des Wassers mittelst comprimirter (flüssiger) Kohlensäure, da die Erzeugung des Sodawassers aus flüssiger Kohlensäure viel einfacher ist, als die aus gasförmiger, welche man sich erst selbst bereiten muss. Die Fabriken flüssiger Kohlensäure liefern dieselbe jetzt auch so billig und rein, dass diese Art der Herstellung von Sodawasser wohlfeiler zu stehen kommt, als die früher übliche. Von Fabriken, welche Sodawasserapparate erzeugen, seien hier genannt: Baumann, Dr. Wagner, Pochtler und Ronge in Wien;

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