K. E. HOFFMANN

FABRIK VON ÄTHERISCHEN UND MEDICINALÖLEN, DROGUENMÜHLE

TRIEST.

n den Jahrzehnten, die der Aufhebung des Freihafens von Triest vorangiengen, war bei den spärlichen und mangelhaften Verbindungen Triests zu Wasser und zu Lande, bei den über ein Vierteljahrhundert andauernden, hier mehr als anderswo in Oesterreich fühlbaren Valutaschwankungen, bei dem Zollabschluss gegen das Hinterland und dem durch Zollschranken nicht gehemmten Eintritte fremder Industrieerzeugnisse in das Freigebiet der Stadt Triest, daselbst für den Fabriksbetrieb kein günstiger Boden. Die eigentliche Gross-Industrie ausser wenigen, meist dem Schiffbau gewidmeten Unter­nehmungen datirt in Triest erst seit Aufhebung des Freihafens, als unter dem Schutze der Eingangszölle grössere Fabriken ins Leben gerufen werden konnten.

Ganz ohne industrielle Versuche und Einrichtungen war Triest aber, wie angedeutet, auch vorher nicht gewesen; so hatte, die Ueberreste mehrerer kleinerer Fabriksbetriebe zusammenfassend, der in der gesammten Droguistenwelt als Autorität anerkannte Gründer der gleichlautenden Firma Julius Stettner im Jahre 1847 ein Fabriksunternehmen ins Leben gerufen, das Artikel für sein Hauptgeschäft, den Droguenhandel, liefern sollte. Von demselben wurden schon seit Jahrzehnten feine, fette und ätherische Oele (süsses und Bittermandelöl, fettes und ätherisches Senföl, Anisöl, Crotonöl, Fenchelöl, Medicinal-Leinöl, Lorbeeröl, Nelkenöl, Spanischhopfenöl, Salbeiöl, Sesamöl u. a.) durch Pressen, Auskochen und Destillation hergestellt, wobei stets das Hauptbestreben auf tadellose Reinheit und Güte unter \ T erzicht auf Massenproduction gerichtet war, wodurch sich die Erzeugnisse der Anstalt bald allenthalben eines besonderen Ansehens erfreuten, das ihnen bis auf den heutigen Tag erhalten blieb. Als Julius Stettner im Jahre 1888 im hohen Alter von 8g Jahren, doch noch in voller geschäftlicher Thätigkeit, vom Tode ereilt wurde, giengen seine sämmtlichen Unternehmungen auf seinen Schwiegersohn und langjährigen Mit­arbeiter Karl Hoffmann über. Die Firma lautet seither Iv. E. Hoffmann.

Es liegt in der Natur der vielfachen dargestellten Erzeugnisse, deren Absatzgebiet beschränkt ist, deren Consum sich ganz eigenthümlich regulirt, und von denen meist jedes Jahr nur das Product der neuen Ernte zur Verarbeitung gelangen kann, dass die erzeugten Mengen jedes einzelnen Artikels im Verhältnis zu den Ziffern, mit welchen die Gross-Industrie rechnet und auf die sie angewiesen ist, recht geringfügig erscheinen. Unabhängig hievon ist jedoch die volkswirthschaftliche Bedeutung des Betriebes, indem durch denselben die bedürftigen Bewohner der Umgebung angeregt wurden, früher gänzlich unbeachtete und unverwerthete Rohstoffe in den umliegenden Gebieten zu sammeln, wodurch ihnen ein Theil ihres Lebensunterhaltes geboten und gleichzeitig die Reihe unserer Exportartikel vermehrt, also gewissermaassen neue Werthe für unseren Handel und unsere Schiffahrt geschaffen werden. Besonders ist in dieser Hinsicht das allbekannte Insectenpulver aus Dalmatiner Blüthen (Flores Chrysantemi cynerarifolii) zu nennen, das von der Firma zuerst in grösserem Maasstabe hergestellt wurde. Seither hat sich sein Verbrauch mächtig gehoben, und es sind zahlreiche andere Unternehmungen entstanden, die zum Theil unter dem Hoch­druck der Reclame und unter anderen Namen Mittel versenden, die im besten Falle einfach gemahlene Insecten- pulverblüthen sind. Ohne alle künstlichen Hilfsmittel, allein durch die absolute Reinheit des Productes, ist es der Firma Iv. E. Hoffmann gelungen, ihren Absatz von Insectenpulver von Jahr zu Jahr zu steigern. Wo stärkere Mittel nicht anwendbar sind oder sich durch unangenehmen Geruch verbieten, also besonders im Haushalt, wird das aromatische Pulver aus den Flores Chrysantemi stets das geeignetste und meist auch das allein wirksame Mittel gegen Insecten bleiben.

Bevor sich die Einsammlung der Dalmatiner Blüthen, durch den regelmässigen Absatz nach Triest auf­gemuntert, entwickelte, was in die Zeit der Fünfzigerjahre fällt, musste das sogenannte persische Insectenpulver, von einer ganz anderen Pflanze, dem Pyrethrum caucasicum, herrührend, aushelfen. Dieses wird auch heute noch ver­wendet, wurde aber seit etwa 1860 in dem Maasse von dem weit wirksameren Dalmatiner Insectenpulver zurück­gedrängt, als sich der Anbau in Dalmatien ausdehnte, das jetzt durch das Insectenpulver eine Einnahme von jährlich über zwei Millionen Gulden erzielt.

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