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Der Suezkanal : seine Geschichte und seine wirtschaftspolitische Bedeutung für Europa, Indien und Ägypten / von Alfred Birk und Karl Hermann Müller
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Geschichte des Suezkanals.

licher verpflichteter Baupraktikant in den Dienst der k. k. Bau­direktion für Tirol und Vorarlberg. Er folgte bei diesem Schritte seiner persönlichen Neigung, aber auch dem Gebote der Verhältnisse, die eine geldliche Unterstützung von seiten der Eltern auf längere Zeit ausschlossen. Es war ein günstiges Geschick für Negrelli, daß er in einer ungewöhnlich regsamen Zeit seine berufliche Tätigkeit unter Joseph Duile, einem hervorragenden Fachmann im Straßen- und Wasserbau, beginnen konnte. Duile verwendete ihn auf allen Gebieten der viel umfassenden Landesbautätigkeit: zu Vermessungen zu Entwürfen, zu Ausführungen; Negrelli lernte das Bauwesen gründlich kennen; seine Tätigkeit bei derRheincorrection, bei der ihm neben seiner Fachbildung auch seine große diplomatische Begabung, sein Geschick bei Verhandlungen zwischen widersprechen­den Anschauungen sehr zustatten kam, erregte die Aufmerksamkeit der führenden Männer im Kanton St. Gallen. Im Jahre 1832 erging von hier aus der Ruf an Negrelli, die neugeschaffene wichtige Stelle eines Straßen- und Wasserbauinspektors in St. Gallen zu übernehmen. Die schwere, aber schöne Aufgabe, die ihm zugedacht war, lockte seinen regen Geist, seine strebende Seele. Seine Vorgesetzten be­mühten sich vergebens, ihn dem Lande zu erhalten. Man warnte ihn vor der Republik, vor den Protestanten, vor dem Freigeist, der die Schweiz beherrsche; aber Negrelli fürchtete weder das Eine noch das Andere, obwohl er kaisertreu und gutkatholisch war. Er ging nach St. Gallen (1833); doch schon im Jahre 1835 wählte ihn die Kaufmannschaft Zürichs, die eine Reihe großartiger Bauten zur Ausführung übernommen hatte, zum leitenden Ingenieur. Nun eröffnete sich ihm ein Feld erfolgreichen, bahnbrechenden Schaffens, das bald nicht mehr innerhalb der Bannmeile Zürichs verblieb. Negrelli wendete sich in großzügiger Weise gegen die Kirchturm­politik der Kantone; er entwarf auf Grund seiner Lernreisen durch Frankreich, England und Belgien 10 ) ein großes Verkehrsnetz für die Schweiz, bei dem entsprechend der damaligen technischen Ent­wicklung des Eisenbahnwesens Eisenbahnen, Straßen und Wasserwege glücklich vereinigt erschienen. Negrellis Name errang rasch in der ganzen Schweiz einen guten Klang als der Name eines tüchtigen, vielseitig gebildeten und erfahrenen Fachmannes, dessen Rat man überall gerne hörte und dessen Urteil fast immer ent­scheidend war. Und nie sprach bei solchem Urteile der Techniker allein, stets kamen auch der gewissenhafte Verwaltungsbeamte und