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Geschichte des Suezkanals.
An der Möglichkeit des Kanalbaues war nun nicht mehr zu zweifeln. Die großen Schwierigkeiten, von denen vielfach gesprochen worden war, gehörten in das Reich der Einbildungen. Die sorgfältigen Untersuchungen der Geschiebe und des Schlammes, die der Nil mit sich führt, der Richtung, des Gefälles und der Geschwindigkeit dieses Stromes widerlegten unanfechtbar die viel gehegte Anschauung, daß der Nil bei seinem jährlichen Austritt die Einfahrt in den Kanal verschlammen würde. Die Tiefe von 27 Fuß wurde bei einer Entfernung von etwa 3 Seemeilen (3000 Klaftern = 5888 m) von der Küste erreicht; die Abdachung des Meeresgrundes bis zur Tiefe von 27 Fuß verhielt sich wie 1:808. Weder Sandbänke noch Felsen wurden in der Bucht angetroffen. Die Unterschiede zwischen Ebbe und Flut schwanken nur zwischen 2 Zoll und 1 Fuß 8“ (5.27 cm und 52.68 cm). Bei dem Beduinendorfe Gnatich, 5 Stunden südlich der Küste wurde unter Palmen eine Quelle gefunden; es sollen — wie Reisende erzählen — längs der voraussichtlichen Richtung des Kanals noch einige Quellen vorhanden sein. Die Einwohner brachen sich Bausteine aus den Katakomben, holten sie aus den verschütteten Stadtteilen Alexandriens und Rosettas, aus den Marmorbrüchen bei Cairo; die evangelische Kirche in Alexandrien ist aus Steinen von der Insel Malta erbaut; für den Kanal könnte der Baustein durch die, schon in Triest vorteilhaft angewendete Santorin- erde von der nahen Insel Santorine im griechischen Archipel ersetzt werden. Arbeiter im Lande zu finden wird schwer sein — sagt der Bericht. Der Araber ist Soldat oder Sklave oder so träge, daß er sich nur soviel zu verdienen sucht, als er zu bescheidenem Leben gebraucht: Oliven oder Zwiebeln, etwas Reis oder Bohnen oder Zwieback. Nur der Wali von Ägypten mit seinen Soldaten, Fördermitteln, Baustoffen und Lebensmitteln kann es ermöglichen, das großartige technisch durchführbare Unternehmen zu einem gedeihlichen Ende zu bringen, wenn die Oberleitung hervorragenden
europäischen Ingenieuren anvertraut ist. In diesem Gedanken
lag gewissermaßen das Endergebnis der Expedition Negrellis. 28 )
Frankreich und England waren noch immer untätig. Die französische Gruppe zählte wegen des „embarras du chaix“ erst 7 Mitglieder; in England hatte Stephenson bis jetzt alle Kosten allein bestritten, um sich die Bildung der Gruppe für später vorzubehalten. Dufour war übrigens nicht ohne Besorgnis wegen Englands Aufrichtigkeit. 29 ) Er hatte auf einer Reise nach England Richard