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Der Suezkanal : seine Geschichte und seine wirtschaftspolitische Bedeutung für Europa, Indien und Ägypten / von Alfred Birk und Karl Hermann Müller
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Geschichte des Suezkanals.

Unternehmung entsagen müssen, überhaupt jetzt, wo Europa den Überschuß seiner Arbeitermassen auf entfernte Gestade werfen muß, um die Lösung unserer sozialen Umgestaltung zu erleichtern, ohne der Gefahr ausgesetzt zu sein, jeden Augenblick das Blut, das Vermögen und die Ruhe seiner Bewohner zu opfern. Drängen Sie doch Talabot, seine Arbeiten zu vollenden und mir zu senden, damit ich alle Einzelheiten studieren kann. Bedenken Sie auch, daß es mir nicht gleichgültig sein kann welches auch immer der Erfolg unserer neuen Schritte sei, den Faden dieser Sache wieder aufzunehmen in Unkenntnis der Arbeitsergebnisse zu bleiben, die sozusagen die Fortsetzung jener bilden, die an der Küste des mittelländischen Meeres ausgeführt wurden.

Enfantin beantwortete Negrellis Brief, in dem jedes Wort, aus dem Herzen kommend, wie eine heiße Bitte und flehende Mahnung klingt, mit rücklaufender Post. Diese Antwort ist in Form und Inhalt hoch beachtenswert; ganz besonders wichtig erscheint es, daß sie offen und entschieden für die Übernahme der führenden Rolle in der Suezkanalfrage durch Österreich eintritt. Der Brief, am 23. August 1848 geschrieben, lautet in seinen wichtigsten Ab­schnitten : 38 )

Ich gedenke immer mit sehr großer Freude an unsere vollkommene Über­einstimmung über die Art und Weise, in der wir Beide, Sie und ich die Suezfrage der allgemeinen europäischen Bewegung anpassen. Gestatten Sie mir also, Ihnen über diesen Gegenstand Alles zu sagen, was mir seit einiger Zeit durch den Kopf geht, insbesondere seitdem Sie mir mitteilten, daß Sie nach Mailand reisen. Es ist unmöglich, daß die großen Ereignisse, die Europa erschüttern, nicht auch die Art und Weise ändern sollten, in der wir unser Suezwerk ins Leben zu setzen ge­denken. Sie trug schon das Siegel dreier Mächte infolge der Bildung dreier Gruppen und dennoch hatte die Sache den Charakter einer privaten Unter­nehmung zum Zwecke privater Vorteile; sie war ein kaufmännisches, nicht ein politisches Werk. Sie können sich erinnern, daß ich ursprünglich fürchtete, zu viel Politik in unsere Sache zu mengen, weil ich den Zeitpunkt nicht für günstig hielt, und weil ich dachte, daß die Einmengung der Diplomaten der einen oder anderen Macht unser Werk schädigen könnte. Heute halte ich dagegen den Zeitpunkt gekommen im Augenblicke, wo Frankreich und England sich mit Österreich verbinden, um die Hauptfrage des europäischen Friedens zu lösen und Sie selbst belastet sind mit Krieg und Geschäften. Ist es nicht ein Zeichen der Vorsehung für den Weg, den wir heute verfolgen sollen? Sollen wir nicht unsere Studien anstatt sie in die Büros der Geldmänner zu tragen, lieber auf den Tisch der Diplomaten legen? Ich glaube es ganz entschieden, ich bin überzeugt, daß die Geldmänner jetzt ohnmächtig sind, ein solches Werk auszuführen und zu be­schützen, wie ich andererseits Ihre Meinung teile, daß die Diplomaten darin ein mächtiges Mittel sehen können, die Lösung unserer gesellschaftlichen Um­gestaltung zu erleichtern. Ich schreibe in diesem Sinne an Talabot, der krank darniederliegt, sende ihm Abschriften Ihrer Briefe und meiner Antwort und dränge, Ihnen unmittelbar Alles zu senden, was er bearbeitet hat es scheint mir aber nützlich, den Diplomaten, um sie für unseren Plan zu gewinnen, die