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Geschichte des Suezkanals.
Verkehrs. „Die Lage Europas — schrieb Enfantin an Negrelli — ist eine derartige, daß alle Staatsmänner insbesondere die Deutschlands die Wichtigkeit erkennen müssen, die Aufmerksamkeit der Völker auf äußere Verhältnisse abzulenken, damit die inneren Bewegungen ersterben. Früher haben die Staaten solche Ablenkungen im Kriege gesucht — die Staatsmänner unserer Tage können sie nur in der Industrie finden. In dieser Hinsicht ist Suez eine der größten politischen Taten, die das Wiener Kabinett unternehmen kann.“ Enfantin, Dufour und Negrelli blieben in dieser Zeit die einzigen Träger des Gedankens, den die Studiengesellschaft vertrat. Talabot hatte den Kopf voll Sorgen, die ihm die geldlich ungünstige Lage der französischen Eisenbahnen bereitete, und Stephenson machte einen Schritt, der zunächst das ernste Bedenken der drei Genannten wachrief. Er reiste im Winter 1850 nach Ägypten, ohne Enfantin oder Negrelli oder Dufour davon zu verständigen oder ihnen über das Ergebnis seiner Reise zu berichten. Dagegen brachten die englischen Zeitungen nach Stephensons Rückkehr lange Berichte über den Bau einer Eisenbahn auf der Landenge von Suez, über die Zustimmung des Paschas zu Stephensons Entwurf und über die Einsprache Rußlands gegen diesen Plan. Enfantin wollte nun sofort mit England brechen und wünschte ein rasches Eingreifen Österreichs, das sich in Konstantinopel ganz entschieden gegen das „heimliche Ansichreißen Ägyptens durch England“ verwahren sollte; Österreich müsse — so meinte Enfantin — die Frage dorthin tragen, wohin sie durch die ganze europäische Diplomatie geführt werden müsse, nach Konstantinopel, wo Österreich auch Italien, Spanien und Frankreich, Rußland, Preußen und Holland um sich zu scharen habe, um die Selbstsucht Englands, das in der Suezkanalfrage die Interessen der ganzen Welt bekämpft, zu besiegen. Dufour stimmte Enfantin im großen Ganzen bei, wie aus einem Berichte an das sächsische Ministerium des Innern hervorgeht, 41 ) obwohl er die Form der Gesellschaftsunternehmung unter dem Schutze der Großmächte als die aussichtsreichste für den Kanalbau ansah. Den Vorgang Stephensons beurteilte er weniger streng als Enfantin. Er sah darin nur die kluge Tat eines berechnenden Geschäftsmannes. Stephenson, meinte er, hält die Kanalfrage für eingeschlafen — er hält mit der Zahlung der Beiträge seine Verpflichtung gegenüber der Studiengesellschaft für erledigt; da sich ihm nun die Gelegenheit biete, durch den Bau einer Eisenbahn Ehre und Nutzen zu gewinnen, so lehnt er den Ruf nach