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Der Suezkanal : seine Geschichte und seine wirtschaftspolitische Bedeutung für Europa, Indien und Ägypten / von Alfred Birk und Karl Hermann Müller
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II. Die Studiengesellschaft und Lesscps.

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trag gab . . .). Das Vertrauen zu Lesseps ging so weit, daß ihm auch alle wichtigen Schriftstücke und Pläne, darunter die mit welt­bekannten Namen ausgestattete Liste der Zeichner von Beiträgen für die Studiengesellschaft ausgefolgt wurden. 49 ) Lesseps hat, ohne viel um Vertrauen kämpfen zu müssen, auch einen Reisevorschuß von 6000 Franken erhalten.

Im Oktober 1854 reiste Lesseps nach Ägypten; er begleitete hier den jungen Vizekönig auf einer Reise durch das Land; am 15. Novem­ber glaubte er den Augenblick gekommen, Suez zur Sprache zu bringen. Im Lager von Marea in der lybischen Wüste überreichte er seinem hohen Freunde einMemorandum über den Bau des Suez­kanals. 50 ) Dieses Schriftstück läßt vermuten, daß Lesseps schon damals entschlossen war, die Studiengesellschaft bei Seite zu schieben und eigenmächtig vorzugehen vorausgesetzt allerdings, daß die Veröffentlichung mit dem Urtexte übereinstimmt; man möchte dies bezweifeln, weil Lesseps sich zu jenem Zeitpunkte doch noch auf die Studiengesellschaft dem Wali gegenüber gestützt haben dürfte, um sicher Erfolg zu erzielen. In dem von ihm veröffentlichten Memo­randum spricht Lesseps von Sesostris und den Pharaonen und von der Studiengesellschaft gewissermaßen in einem Atemzuge als von längst abgetanen Sachen; lediglich in einer Fußnote bemerkt er, daß Negrelli Ingenieur für Österreich gewesen sei; ängstlich vermeidet er zu betonen, daß er im Namen der Studiengesellschaft verhandle und nur deren Beauftragter sei. Dieser Umstand bestärkt den oben ausgesprochenen Verdacht, daß Lesseps der Öffentlichkeit gegenüber eine Fälschung desMemorandums begangen hat, um sich als den alleinigen Schöpfer des großen Werkes hinzustellen. Dem Vizekönig und seinen Räten gegenüber hat er wie schon angedeutet da­mals seine wirkliche Rolle wohl noch verheimlicht, denn füglich konnte er ihnen nur durch die Dokumente der Studiengesellschaft die Ausführlichkeit des Durchstiches beweisen. Und daß die Ent­scheidung der ägyptischen Regierung auf dieser Grundlage fußte, beweist der vom Wali in türkischer Sprache erlassene Ferman vom 30. November 1854, der aber an Lesseps nicht ausgehändigt wurde; erst am 19. Mai 1855 erhielt Lesseps eine Ausfertigung mit einem beson­deren Schreiben, in dem ausdrücklich betont wurde, daß die Bau­arbeiten erst nach erfolgter Genehmigung der Hohen Pforte begonnen werden dürfen. Da Lesseps über Auftrag des Walis 51 ) Übersetzungen des Fermans noch im Jahre 1854 also bevor er den Erlaß selbst in