II. Die Studiengesellschaft und Lesseps.
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strecken ottomanischen Gebietes an Ausländer verbunden war; dem Generalkonsul konnte er also nicht von einer Konzession erzählen ; anders lag die Sache in Paris. Die Männer, denen er von einer solchen berichtete, waren keine Juristen oder Diplomaten und schenkten ihm volles Vertrauen. In der Tat zweifelten sie auch keinen Augenblick an der Wahrheit des Berichtes; sie atmeten in heller Freude auf und betonten ihren deutschen Freunden gegenüber mit einem gewissen völkischen Stolze, daß ihr Beauftragter es verstanden habe, in der persönlich erlangten „Conzession“ auch ihre Gründerrechte zu wahren, wie aus dem Absatz über die Gründerliste hervorgehe. Dufour in Leipzig begrüßte die Mitteilungen aus Paris nicht ohne Freude, aber auch nicht ohne Sorge. Bemerkenswert für den Scharfsinn, mit dem Dufour herausfühlte, daß in der Sache nicht alles sich entwickle, wie es wohl das Rechte wäre, sind mehrere Äußerungen in einem Briefe an Negrelli, aus dem folgende Sätze hervorgehoben werden müssen: 65 )
„Jetzt betracjite ich als das größte Übel, daß in Ägypten alle, die sich für die Sache interessieren, fast ausschließlich Franzosen sind; zum größten Teile mögen sie auch der Klasse der Aventuriers angehören und es scheint, daß in jenem Lande ungeachtet der „entente cordiale“ der Regierungen und Armeen eine gereizte Stimmung zwischen Engländern und Franzosen fort und fort vorherrscht. Die Kanalangelegenheit hat dort nicht das Gepräge angenommen, welches wir ihr vom Anfänge an zu geben beabsichtigten, nämlich sie erscheint nicht als eine kosmopolitische Unternehmung der größten Völker Europas, sondern als ein ausschließlich französisches. Dies ist sehr schlimm, denn es erregt die Eifersucht der Engländer, was sich schon in vielen den Gegenstand betreffenden Artikeln der Times wahrnehmen läßt, welche alle als dem Kanal mißgünstig erscheinen. Es scheint im englischen Publikum die Befürchtung vorherrschend, Frankreich wolle durch den Kanal in Ägypten festen Fuß fassen und sich dann dieses Land aneignen, wie es mit Algier der Fall gewesen ist.
Nun kann aber der Kanal nie zur Ausführung kommen, wenn England ihn nicht will.“
Diese Voraussetzung erfüllte sich allerdings nicht; Lesseps fand Mittel und Wege, ihn England zum Trotze zu erbauen. Dufour- Leipzig suchte aber das Gepräge des Kanalunternehmens als ein kosmopolitisches zu bewahren. In dem vorerwähnten Briefe heißt es weiter:
„Sollte es nicht möglich sein, daß die an Herrn de Lesseps gegebene Konzession an die drei Monarchen Königin Viktoria, Kaiser Franz Joseph und Napoleon III. gemeinschaftlich abgetreten, von diesen aber unserem, aus den drei Nationen gebildeten Comité oder einer Ausführungs-Compagnie übertragen würde? Diese Idee fließt mir so in die Feder im Augenblick, wo ich mich mit Ihnen unterhalte