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Geschichte des Suezkanals.
auf, daß diese großsprecherischen Stellen des im Urtexte nicht vorhandenen Briefes zu einer Zeit eingefügt wurden, als es Lesseps für notwendig hielt, der Mit- und Nachwelt recht eindringlich von seinen edlen und selbstlosen Absichten zu erzählen. Ende Januar 1855 reiste Lesseps nach Konstantinopel. Er fand bei dem französischen Botschafter Benedetti, bei Baron Bruck, der eben zum österreichischen Finanzminister ernannt worden war, auch bei seinem Nachfolger Baron Koller, füglich selbst bei den Vertretern der Kleinstaaten ein gewisses Entgegenkommen, erhielt sogar die höfliche Zusage einer Förderung des Kanals — nur England leistete Widerstand. Der britische Gesandte Lord Stratford lehnte den von Lesseps angekündigten Besuch ab und als er Lesseps durch Vermittlung Benedettis zu einer Abendgesellschaft einlud, war er höflich, zuvorkommend, bewunderte Lesseps, seine Tatkraft und seine Pläne — aber blieb hart.
ln Paris fühlte man endlich doch mit wachsendem Unbehagen die ablehnende Haltung Lesseps’ gegen die Studiengesellschaft. Arl£s und Enfantin machten ihrem Bevollmächtigten Vorwürfe. Lesseps beharrte im Stillschweigen, bat jedoch seinen Verwandten in Paris, den Grafen Theodor von Lesseps, gelegentlich Arl£s zu sagen, daß er — Lesseps — weder Zeit noch Lust habe, mitten in der Arbeit seiner Verhandlungen ihnen zu antworten und daß er niemals in einen Rollentausch einwilligen werde. Er spricht es in diesem Brief ganz offen aus, daß die Studiengesellschaft für ihn nur noch geschichtliche Bedeutung habe. Es scheint, daß Graf Lesseps diesen Wunsch seines Verwandten Arles gegenüber nicht erfüllt hat — denn in Paris gab man noch immer nicht alle Hoffnungen auf Lesseps auf. Man sollte aber bald eines Besseren belehrt werden.
Als Lesseps alle seine Bemühungen in Konstantinopel scheitern sah, kehrte er nach Kairo zurück und bestürmte den Vizekönig um die Ausfolgung des Fermans, der ihm die Vollmacht zur Gründung einer Gesellschaft gab. Er wies darauf hin, daß auch der Ferman für die ägyptische Eisenbahn vor der Genehmigung durch die Pforte den Engländern übergeben worden war und daß diese daher auch in der Kanalfrage nicht anderen Sinnes sein können, er versprach von seinen Vollmachten nur einen angemessenen Gebrauch zu machen und beschwor den Pascha, nicht auf halbem Wege stehen zu bleiben, Frankreich, Österreich und alle anderen Mächte stützen das geplante große Werk des Paschas — England müsse , meinte er — seinen