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Geschichte des Suezkanals.
anerkannt und ihn beauftragt habe, sie dem Vizekönig als „sein politisches Testament“ zu übermitteln. Inwieweit hier Wahrheit und Dichtung ineinanderspielen läßt sich nicht feststellen; aber Tatsache ist, daß Lesseps von Wien nach Alexandrien eilte, mit dem Vizekönig die Vorbereitungen für den Bau des Süßwasserkanals, der in den letzten Monaten des Jahres begonnen werden sollte, vereinbarte, und ihn — unter Hinweis auf die Anregungen Metternichs — zu bestimmen suchte, persönlich in Konstantinopel in den Lauf der Dinge einzugreifen. Da aber im Augenblicke kein Erfolg winkte, kehrte Lesseps nach Paris zurück und ließ, hier angekommen, sofort die Nachricht seiner „glücklichen Rückkehr und seiner Erfolge in Ägypten“ an alle großen Tagesblätter Europas drahten.
Bald darnach veröffentlichte Lesseps den dritten Band seiner Dokumenten- und Schriftensammlung über die Durchbohrung des Isthmus von Suez. Das Buch bringt die ausführlichen Berichte über die technischen Vorarbeiten der Studienkommission in Ägypten und über die Beschlüsse der internationalen Kommission, enthält die Beschreibung der verschiedenen Kanalentwürfe und der ausgewählten Linie, ferner den von Mougel-Bey ausgearbeiteten Kostenanschlag und alle der Kommission vorgelegten Pläne. Lesseps versandte den Band an alle Regierungen in Europa und Amerika an die bedeutendsten Handelskammern und die hervorragendsten wissenschaftlichen Gesellschaften; so auch an die Geographische Gesellschaft in Wien und die kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Paris. Letztere betraute eine besondere Kommission, deren Berichterstatter der bekannte Statistiker Baron Dupin war, mit dem Studium der Kanalfrage; auf Grund ihrer Anträge erklärte die Akademie unter Gutheißung der vorgelegten Pläne einmütig, daß der Entwurf und die Mittel zur Ausführung des Kanals würdige Vorbereitungen für ein der Menschheit nützliches Unternehmen seien. In der geographischen Gesellschaft in Wien erstattete Dr. Ferdinand Freiherr von Richthofen ein erschöpfendes Gutachten über den eingesandten dritten Band der Dokumente zum Suezkanal; Negrelli hielt am 31. März 1857 einen Vortrag in der „Gesellschaft“, der einen Überblick über den Stand des Unternehmens und über die wachsende Teilnahme und Förderung in den meisten Staaten bot. Die Gesellschaft wählte, um „ihre Sympathie an dem möglichst raschen Gedeihen des Unternehmens auszudrücken“, eine Kommission, der der Präsident der Gesellschaft Heidinger, Sektionschef Freiherr von Czörnig,