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Der Suezkanal : seine Geschichte und seine wirtschaftspolitische Bedeutung für Europa, Indien und Ägypten / von Alfred Birk und Karl Hermann Müller
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IV. Die Kämpfe um die Verwirklichung des Kanalentwurfes.|

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Studiengesellschaft wird entsprechend gekennzeichnet; mit leichter, zutreffender Ironie wird bemerkt, daß Stephenson allein, ohne Talabot und Negrelli und ohne Ingenieure zum Studium einer Eisenbahnlinie nach Ägypten gereist sei und daß in Ägypten, wo doch der Aufenthalt eines so hervorragenden Technikers nicht unbeachtet bleibe, Nie­mandem etwas von seiner Fußreise durch die Wüste, die ihn über die Sachlage aufgeklärt haben soll, bekannt sei. Ein wagerechter Kanal, betont Negrelli, sei ihm lieber als ein Kanal mit Gefälle; im Gegen­sätze zu Talabot halte er die unmittelbare Verbindung der beiden Meere als sehr günstig.Mein ehrenwerter Freund schließt Negrellis Brief an dieösterr. Zeitung wird somit einsehen, daß er an demÖsterreicher zur Kräftigung seiner Anschauung keine Stütze findet und daß dieser fest an geschichtlichen Daten und an seiner zufolge ernster Prüfung geschöpften Überzeugung hält, daß nämlich die Durchstechung der Landenge von Suez behufs der An­legung eines maritimen Kanals zur Verbindung des roten Meeres mit dem mittelländischen Meere aus dem technischen Gesichtspunkte eine leicht ausführbare ist.

Stephenson antwortete ausführlich in denTimes (3. August 1858). Er ließ sein langes Schreiben auch in einem 20 Seiten starken Sonderdrucke durch den Buchhandel verbreiten ein Beweis, wie hoch er Negrellis Gegnerschaft einschätzte und wie sehr er sie fürchtete, denn über andere Erwiderungen, selbst über jene Paleo- capas, des italienischen Bautenministers, über die der Kanalkom­mission und ihres Vorsitzenden Conrad war er mit einer geradezu verletzenden Ruhe wie Negrelli sagte hinweggegangen. Übri­gens bringt Stephenson in seiner Erwiderung trotz ihrer ungewöhn­lichen Ausführlichkeit nichts Neues; er bekräftigt abermals die Behauptung von seinen wiederholten persönlichen Erhebungen auf der Landenge, sucht an der Hand von Beispielen die Unmöglichkeit eines strömungslosen Kanals zu beweisen und die Anschauung von dem Einflüsse der Ebbe und Flut der beiden Meere auf die Kanal­strömung zu widerlegen; schließlich verirrt er sich zu der für ihn zum mindesten taktlosen und für Negrelli beleidigenden Äußerung, daß Negrelli sich einer kommerziellen Gesellschaft zu Gebote gestellt habe. Er selbst Stephenson sei kein Feind des Suezkanals, er sei vielmehr bereit Geld und Ehre an seine Förderung zu setzen, wenn er ihn eben für nützlich befände. Negrelli blieb die Erwiderung nicht schuldig. Sie knüpfte an die Veröffentlichung eines Auszuges

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