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Geschichtetes Suezkanals.
Großindustriellen Dufour und Sellier zu benachrichtigen, daß auch sie Administratoren der neuen Gesellschaft werden sollen.
Diesen Brief hat Negrelli nicht mehr gelesen; er war bei seinem Eintreffen bereits am Verlöschen; er entschlief am Morgen des 1. Oktober 1858. Sein Tod blieb nicht ohne entscheidenden Einfluß auf die Entwicklung der Suezkanalfrage in der nächsten Zukunft.
2. Der Kampf um das Baukapital. Die Gründung der Baugesellschaft. Negrelli war durch sein großes zwischenstaatliches Ansehen, durch seine allgemein anerkannte fachliche Bedeutung, durch seine freundschaftliche Verbindung mit Baron Bruck und nicht zum mindesten durch sein außergewöhnliches staatsmännisches Geschick bei der Behandlung schwieriger politisch-wirtschaftlicher Fragen 83 ) geradezu eine Stütze des Suezkanals geworden; er bedeutete aber für Lesseps auch das gute Gewissen, das ihn immer wieder von bedenklichen Schritten abhielt, weil er sich nicht dauernd seinen Mahnungen verschließen konnte. Nichts offenbart diese Tatsache klarer, als der Umstand, daß Lesseps nach Negrellis Tod sofort mit größtem Eifer an die Gründung der Gesellschaft für den Bau des Suezkanals schritt. Da der Ferman vom Jahre 1856 die vollständige Zeichnung des Aktienkapitals als Vorbedingung für die Gründung der Gesellschaft aufstellte, war Lesseps in dieser Richtung emsig am Werke. Am 15. Oktober 1858 erschien die von ihm verfaßte und unterschriebene Einladung zur Zeichnung auf das Aktienkapital; ihr war eine „note sur la Situation actuelle de l’entreprise du canal de Suez“ beigegeben. In beiden Veröffentlichungen bezeichnete sich Lesseps als „Konzessionär“, ohne zu erwähnen, daß seine „Konzession“ nur eine bedingte, von der Genehmigung des Sultans abhängige war; die „Note“ ist sogar derart abgefaßt, daß unbefangene Leute glauben mußten, es werde nach Einlauf des Baukapitals sofort mit dem Baue begonnen werden. 84 ) Der Erfolg der Einladung befriedigte nicht. Die Pariser Bankhäuser und das Großkapital aller Länder hielten sich fern; in diesen Kreisen kannte man die ungenügende Vorbereitung des Unternehmens. Die Handelskammer Venedig, die bei Negrelli 10 Millionen, und die Handelskammer Pavia, die ebenfalls bei Negrelli 2 Millionen gezeichnet hatten, zogen nach Negrellis Tod ihre Zeichnungen zurück, andere große Zeichner folgten ihrem Beispiele; es fehlte das Vertrauen zu Lesseps, bei dem man nicht jenen starken sittlichen Ernst voraussetzte, der Negrelli eigen gewesen war. Nur