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Der Suezkanal : seine Geschichte und seine wirtschaftspolitische Bedeutung für Europa, Indien und Ägypten / von Alfred Birk und Karl Hermann Müller
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Geschichte des Suezkanals.

mittelbar nach der Gründung der Gesellschaft richtete Revoltella eine Eingabe an das k. k. Handelsministerium in Wien. 86 ) Er betonte darin, daß Lesseps die der Monarchie vorbehaltenen 50 000 Stück Aktien trotz des Ablaufes der Zeichnungsfrist noch für einen längeren Zeitraum offenhalten werde und er es auf sich genommen habe, sie unterzubringen; dagegen sei für Österreich die Wahl von fünf Verwaltungsräten, somit ein ausreichendes Maß des Einflusses und der Wirksamkeit gesichert. Revoltella bat das Handels­ministerium, die Handelskammern und Industrievereine Österreichs zur tatkräftigen Förderung des Unternehmens aufzufordern.

Der Handelsminister R. v. Toggenburg lehnte das Ansuchen in entschiedener Weise ab. Ein tätiges Eingreifen der Regierung für die Beteiligung österreichischen Geldes sei solange nicht zu recht- fertigen, als die noch zweifelhafte Erwirkung der großherrlichen Sanktion fehle, denn erst durch sie und durch die vollkommene Beruhigung über die völkerrechtliche Neutralität des Kanals könne der für einen solchen Schritt vorauszusetzende Grad der Sicherheit des Unternehmens geschaffen werden. Weitblickender war Baron Bruck; für ihn gab es keine Frage von größerer Bedeutung für Österreich, als die Suezkanalfrage; 87 ) aber angesichts der ängstlichen Haltung und der ihr entspringenden entschiedenen Weigerung des Handelsministers mußte er doch seiner Begeisterung Zügel anlegen; er genehmigte 88 ) die Sammlung von Aktienzeichnungen unter der Bedingung, daß die einfließenden Gelder bei einem österreichischen Kreditinstitute bis zur Erteilung der großherrlichen Genehmigung hinterlegt blieben. Es ist heute zwecklos, darüber nachzudenken, wie sich der Gang der Ereignisse entwickelt, wie sich die Lösung der Kanalfrage gestaltet haben würde, wenn Österreichs Regierung damals mehr politischen Mut und mehr Unternehmungsgeist be­sessen hätte? Zweifellos wäre das Schicksal Ägyptens ein anderes und wäre der Einfluß Österreichs im Oriente ein größerer, mächtigerer geworden. So blieb die Monarchie mit den zwei Stimmen im Ver­waltungsrate machtlos. Übrigens verlor es auch diese Vertretung sehr bald, denn Lesseps war nicht der Mann, für Vergangenes dankbar zu sein, wenn ihm die Gegenwart nichts bot und er für die Zukunft nichts zu erhoffen hatte; für ihn war Österreich mit dem abweis- lichen Bescheide des Handelsministeriums abgetan; mit dem Vor­schläge Brucks war ihm wenig gedient.

Lesseps fühlte, daß ihm bei dieser Sachlage nv r durch den Zulauf