IV. Die Kämpfe um die Verwirklichung des Kanalentwurfes.; 83
Flinte nicht ins Korn warf. Selbst dann nicht, als Mohammed Said im Jahre 1862 über Paris, wo er auch Lesseps empfing, nach London reiste, hier den von der internationalen Kommission anerkannten Kanalentwurf von englischen Ingenieuren prüfen ließ und auf Grund des günstig lautenden Gutachtens beschloß, selbst die Durchstechung der Landenge von Suez auszuführen.
Baron Bruck starb am 23. April 1860; Mohammed Said am 16. Januar 1863. Mit Brucks Tode änderte sich nicht die Haltung Österreichs in der Kanalfrage. Günstiger für das Unternehmen Lesseps’ war der Regierungswechsel in Ägypten. Ismail Pascha, der neue Vizekönig, eine hochstrebende Persönlichkeit, erweiterte das Gebiet seines Reiches und suchte es mehr und mehr von der türkischen Lehensabhängigkeit zu befreien und friedlich zu „europäisieren.“ Und so gelang es Lesseps, die Arbeiten am Suezkanale, allerdings in sehr bescheidener Weise fortzusetzen. Freilich lag die Hand Englands schwer auf ihnen, denn Ismail Pascha konnte seine Neigung für das Unternehmen nicht offen bekunden. Immerhin trat der Sultan der Bautätigkeit nicht mehr, wie zuvor, so scharf entgegen; aber dem englischen Einflüsse war es zu verdanken, daß Ismail Pascha doch schließlich die Fortsetzung der Arbeiten nur unter äußerst drückenden Bedingungen erlaubte, die Lesseps nicht annahm. Als der Vizekönig — unter Hinweis auf die große Sterblichkeit unter den beim Kanalbau beschäftigten Fellachen — es ablehnte, die von Mohammed Said übernommene Verpflichtung zur Stellung von mindestens 20 000 einheimischen Arbeitern weiterhin zu erfüllen, kam es zu einem ernsten Streitfall zwischen der ägyptischen Regierung und der Kanalgesellschaft. Unter Kaiser Napoleons Vorsitz trat ein Schiedsgericht zusammen. Sein Urteil war im großen Ganzen für die Gesellschaft günstig; es erklärte ihre wichtigsten Ansprüche als berechtigt, befreite den Vizekönig gegen eine Abstandsgebühr im Betrage von 38 Millionen Franken von der Verpflichtung, Arbeiter zu stellen, verpflichtete ihn jedoch die seinem Vorgänger aufgebürdeten 177 642 Aktien zu bezahlen. Ismail Pascha hatte die Zahlung in wenigen Jahren vollzogen. Unter dem Schutze des damals allmächtigen Kaisers der Franzosen kam endlich eine Konvention zwischen Ismail und Lesseps zustande, die am 24. Februar 1866 abgeschlossen wurde und am 19. März 1866 die Genehmigung des Sultans erhielt. Sie berechtigte die Gesellschaft den Kanal zu erbauen und ihn 99 Jahre hindurch, von der Eröffnung an, zu betreiben; sie verlangte auch