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Geschichte des Suezkanals.
4. Betrieb und Betriebsergebnisse in den Jahren 1870 bis 1 884. 93 ) Die Kanalverwaltung hatte von allem Anfang an — und hat noch heute — ihren Hauptsitz in Ismailia, einer reinen Beamtenstadt, die erst infolge des Kanalbaues entstanden ist. Hilfsämter befinden sich in Port Said und Port Tewfik. Bei der geringen Breite des Kanals mußte das Einlaufen und Verweilen der Schiffe in den Ausweichstellen auf telegraphischem Wege geregelt werden. Die Schiffe wurden mit Maschinenkraft in die Ausweichstellen hinein- und wieder hinausgewunden, indem die Schiffsmaschine die auf dem Schiffe befindliche Winde treibt, welche das mit dem anderen Ende um den Haltepfahl gewundene Tau faßt. Beim Vorbeifahren an einem in der Ausweichstelle festgelegten Schiffe mußte besondere Vorsicht obwalten, um Zusammenstöße zu verhindern. Solche waren namentlich in den einseitig zur Kanalachse liegenden Ausweichstellen, in denen die Schiffe einem einseitigen Drucke ausgesetzt waren, nicht selten, verliefen aber ohne ernstere Folgen. Weit störender für den Verkehr war das Auflaufen der Schiffe auf die Kanalböschungen, dessen Ursache letzten Endes in den ungünstigen Verhältnissen zwischen nützlichem Kanalquerschnitte (368 m 2 ) und dem eingetauchten Schiffsquerschnitte (meistens 60 m 2 ) lag. Dieses Verhältnis verbot eine größere Fahrgeschwindigkeit als 5 Knoten, d. i. die Hälfte bis ein Drittel der gewöhnlichen Geschwindigkeit auf hoher See. Die größeren Schiffe mußten für die Durchfahrt durch den Kanal zur Vermehrung der Steuerkraft ein Hilfssteuerruder anbringen. Trotzdem geschah es — insbesondere in den ersten Betriebsjahren — sehr häufig, daß die Schiffe sich schräg stellten, vorne auf die nahegelegene Kanalböschung aufliefen, worauf dann das Hinterende sich an die gegenüberliegende Böschung anlegte und die Schiffe nur durch Ableichten nach mehrtätigem Aufenthalte wieder flott gemacht werden konnten. Im Jahre 1870 fanden bei 486 Fahrten 157 Auflaufungen statt. Weiterhin nahmen diese Unfälle stetig ab — im Jahre 1884 betrug ihre Zahl nur noch 162 bei 2361 Fahrten (also 6,9°/ 0 gegen 32,3°/ 0 im Jahre 1870). Diese Abnahme war den fortdauernden Verbesserungsarbeiten, der Verbreiterung der Fahrstraßensohle in den Bitterseen auf 40 m und der sich stetig mehrenden Einübung der Lotsen zu danken.
Dennoch wuchs bei der steten Zunahme der Abmessungen und der Anzahl der Schiffe die zum Durchfahren des Kanals erforderliche Zeit, da Überfüllungen des Kanals an der Tagesordnung waren. Eine Zusammenstellung über die Fahrtdauer der Schiffe durch den 160 km