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Der Suezkanal : seine Geschichte und seine wirtschaftspolitische Bedeutung für Europa, Indien und Ägypten / von Alfred Birk und Karl Hermann Müller
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V. Bau und Betrieb des Kanals.

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Der Ausschuß wählte einen Unterausschuß zur sorgfältigen Prüfung sämtlicher für die zu lösende Aufgabe in Betracht kommenden Ver­hältnisse an Ort und Stelle. Von großer Bedeutung für die zutreffende Entscheidung war die Aufklärung der Frage über das Kreuzen der Seeschiffe in langgestrecktem, engem, stellenweise gekrümmtem und Strömungen unterworfenem Fahrwasser. Der Unterausschuß, dem auch der deutsche und der Österreichische Vertreter angehörten, zog ausführliche Erkundungen über die Betriebsverhältnisse bei ähn­lichen Wasserstraßen ein, bereiste auch den im Jahre 1876 eröffneten Kanal von Amsterdam nach Ymuiden, der 25 km lang ist und auf eine Länge von 19 km von den Flutschleusen aus bei 7.70 m Normaltiefe eine Sohlenbreite von 20 m besitzt; seine Böschungen sind mit 1 :2 angelegt. Die Studien im Kanäle selbst betrafen die notwendige Tiefe und Breite des künftigen, zweischiffigen Kanals. Die englischen Vertreter hatten von vornherein eine Tiefe des neuen Kanals von 9 m und zwar auf Kosten der im Entwurf der Gesellschaft angenommenen Breite von 70 m zwischen Port Said und den Bitter­seen und von 80 m zwischen diesen und dem Roten Meere gefordert. Die Entwürfe der Kanalgeselischaft nahmen nur 8 m normale Tiefe an, betonten jedoch, daß die Mehrkosten bei der Herstellung einer Tiefe von 9 m durch die Verminderung der Breite um 5,5 m aus­geglichen werden könnten. Der Kanalgesellschaft sollten nach über­einstimmender Anschauung des Ausschusses keine Ratschläge erteilt werden, die eine wesentliche Steigerung der auf 200 Millionen Franken in Aussicht genommenen Baukosten und dadurch eine Hinaus­schiebung der beschlossenen Ermäßigung des Kanalzolles nach sich ziehen würden.

Auf Grund des eingehenden, sachlich wohl begründeten Berichtes des Unterausschusses nahm der internationale Ausschuß die von ihm erstatteten Vorschläge in seinen Sitzungen am 9. und 11. Februar 1885 einmütig an. Hiernach wurde empfohlen, daß dem bestehenden Suezkanal zunächst eine Tiefe von 8,5 m zu geben und die Vervoll­ständigung auf 9 m dem letzten Abschnitt der Unternehmung vor­zubehalten sei; daß der Kanal bei einer Tiefe von 8 m unter Niedrigwasser bei gewöhnlichen Springfluten in den geraden Strecken zwischen Port Said und den Bitterseen eine Wasserspiegel-Breite von 65 m, zwischen den großen Bitterseen und Suez eine solche von 75 m zu erhalten habe und in den Bögen, die mit Halbmessern von 2500 m oder darüber ausgeführt sind, eine Verbreiterung auf 75