VI. Die Kämpfe um die Gründerrechte.
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wo Ansprüche erhoben wurden, diesen mit spitzfindigen Einwendungen und Ausreden zu begegnen wußte. Der Fall Negrelli und auch der Fall Bruck sind Musterbeispiele hierfür. Es war eine Tochter Negrellis, Frau Marie Grois-Negrelli in Wien, die — mit der Sichtung des Nachlasses ihres Vaters beschäftigt — zu der Überzeugung gelangte, daß ihre Mutter seitens der Kanalgesellschaft in ihren rechtlichen Ansprüchen an die Gesellschaft schwer geschädigt worden sei. Sie stellte sich an die Spitze der Erben Negrellis und begann nun im Jahre 1891 den Kampf um die Anerkennung der Gründerrechte ihres Vaters mit jener Tatkraft, Beharrlichkeit und Voraussicht, die sie von ihrem Vater geerbt. Unermüdlich und geschickt in der Erforschung der Wahrheit, in der Aufdeckung der Schliche Lesseps’ und seiner Helfer, in der Auffindung von Urkunden und Geheimakten — war sie auch unermüdlich bemüht, die benachteiligten Gründerrechtsansprecher zu ermitteln, zur Erhebung ihrer Ansprüche bei der Kanalgesellschaft zu veranlassen, sie zu gemeinsamem Schritte oder — wenn vorteilhafter — zu nachdrücklichen Einzelkämpfen anzuregen. Es gelang der geistreichen und Willensstärken Frau auch in vielen Fällen; ihren Bestrebungen ist es auch zu danken, daß das österreichische Handelsministerium während des Krieges das Gutachten über die Ansprüche der österreichischungarischen Monarchie auf Teilnahme an der Verwaltung des Kanals von einem hervorragenden Kenner der Verhältnisse einholte. Dieses Gutachten war als Grundlage für die Friedensverhandlungen gedacht, bei denen Deutschland und Österreich-Ungarn auf einer Neuregelung der den Suezkanal betreffenden Verhältnisse bestehen sollten. Der Ausgang des Krieges hat nun allen weiteren persönlichen und staatlichen Schritten — wenigstens vorläufig — eine Schranke gesetzt.
Zur Kennzeichnung der Eigenart der verschiedenen Zivilklagen und Strafanzeigen, die gegen die Kanalgesellschaft und einzelne ihrer Funktionäre erhoben wurden, und ihrer Durchführung und ihrer Ergebnisse, soweit sie bisher vorliegen, seien hier die Fälle Negrelli und Bruck mit großen Strichen gezeichnet. Die wichtigsten Grundlagen der Streitsachen wurden schon in früheren Abschnitten erwähnt; sie können hier des Zusammenhanges wegen nicht übergangen werden; wo ein Hinweis auf Vorhergehendes nicht genügt, will ich sie kurz wiederholen; der Leser möge entschuldigen, wenn schon Gesagtes hier und da wieder gesagt wird.
3. Ansprüche der Erben Negrellis. 108 ) Eine Reihe