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Der Suezkanal : seine Geschichte und seine wirtschaftspolitische Bedeutung für Europa, Indien und Ägypten / von Alfred Birk und Karl Hermann Müller
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VI. Die Kämpfe um die Gründerrechte.

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des Verwaltungsrates der Kanalgesellschaft, von Negrellis Schwager, dem vormaligen k. u. k. Legationsrat v. Ritter Weiß von Starkenfels sämtliche auf den Suezkanal bezüglichen Papiere des Verstorbenen, unter ihnen auch die beiden wichtigen vorerwähnten Briefe vom 9. August 1855 und vom 24. September 1858 ausliefern. 106 ) Am 28. Februar 1859 teilte Revoltella der Witwe Negrellis mit, daß der Verwaltungsrat der Kanalgesellschaft beschlossen habe, ihr fünf Gründeranteilscheine (also einen halben Gründeranteil), sowie den Betrag von 20000 Franken als persönliches Geschenk und endgültige Belohnung für die so sehr geschätzten Leistungen ihres verstorbenen Gatten zugunsten der Unternehmung zuzuweisen. Aus einem Briefe Revoltelias an Lesseps vom 20. Januar 1859 geht hervor, daß der Verwaltungsrat 25 000 Franken für die Witwe Negrellis bestimmt hatte, daß Revoltella aber 5000 Franken ihrem Bruder Weiß zu­kommen ließ, der als sein Mittelsmann wiederholt Dienste ver­schiedener Art in Wien für die Gesellschaft geleistet hatte.

In der Gründerliste vom Jahre 1861 ist nun tatsächlich Negrellis Witwe mit 5 /io Gründeranteilen eingetragen. Diese Gründeranteile hat sie aber nie erhalten. Durch eine sonderbare Machenschaft Revoltelias, die aber erst viele Jahre nach dessen Tode aufgedeckt wurde, erhielten die Erben Negrellis diese fünf Anteilscheine anstatt der 10 oder 20 die ihnen gebührt hätten. Die Witwe Negrellis betrieb wiederholt bei Revoltella die Aushändigung ihrer eige­nen fünf Anteilscheine, wurde aber von ihm, insbesondere unter Hin­weis auf ihre augenblickliche Wertlosigkeit stets wieder beruhigt. Revoltella starb 1869. Als im Jahre 1875 die Gründeranteile zum ersten Male einen Ertrag abwarfen, ersuchte die Witwe die Kanalgesellschaft abermals um Aufklärung. Die Gesellschaft erwiderte durch Charles de Lesseps, daß nur Herrn von Negrelli fünf Anteilscheine zugewiesen wären, die nach seinem Tode auf den Namen der Witwe überschrieben wurden,da sie damals allein als einziger Vertreter der Gesellschaft bekannt war, und daß erst später, als durch die gerichtlichen Er­klärungen die wirklichen Vertreter bekannt wurden, die fünf Anteil­scheine endgültig den Erben des Herrn von Negrelli zugewiesen worden seien.

Den 10. September 1891, also kurz nach Ablauf von 30 Jahren seit der angeblichen Genehmigung der Gründerliste durch den Vizekönig klagten auf Anregung der Frau Marie Grois-Negrelli, die den ganzen Sachverhalt aufgehellt hatte, die Erben Negrellis bei der Ersten

8 Die Geschichte des Suezkanals.