II. Der rote Faden.
129
verbürgte es dem Kalifen, für welchen „Freundesdienst“ es 1878 die Hand auf Zypern, den stärksten Flottenstützpunkt für den Suezkanal legte. Inzwischen wurden die französischen Beamten in Ägypten mit unerhörter Rücksichtslosigkeit immer mehr abgebaut und durch englisches Personal ersetzt. In Ägypten selbst begann England, den gesamten Lebensmittelanbau zu unterbinden und das gesamte Land für den Baumwollanbau in Anspruch zu nehmen, um auf solche Weise die geringste Unbotmäßigkeit mit Hungersnot bestrafen zu können. Als Jules Ferry, der bedeutendste Staatsmann des neuzeitigen Frankreich, sich für eine Verbindung mit Deutschland zurVertreibung Englands aus Aegypten einsetzte, stürzte ihn die durch Englands Einfluß in der Presse aufgepeitschte öffentliche Meinung. Als die Aegypter unter Arabi Pascha nochmals einen verzweifelten Versuch machten, das englische Joch abzuschütteln, wurde durch die Beschießung von Alexandria am 11. Juli 1882 und durch den Sieg bei Tel el Kebir Aegypten vollständig in die Gewaltherrschaft Englands gebracht.
Wie ein Hohn des Schicksals klingt es, daß die Diplomatie Bismarcks England den Rücken von jedem Eingriff der anderen Staaten freihielt. Dadurch verschärfte Bismarck die Beziehungen Deutschlands zu Frankreich aufs Äußerste und verdunkelte sogar das Einvernehmen mit Italien, indem er sich dem Vorschläge des italienischen Botschafters Graf Launay widersetzte, der für die Unterstellung des Suezkanals unter eine internationale Kommission eintrat. Der würdige Erfolg Bismarcks war das englisch-französische Abkommen. England gelangte mühelos in den Besitz Aegyptens, einer Vorbedingung für den Schutz des Suezkanals.
Frankreich versuchte noch einmal im Jahre 1898 durch Entsendung des Obersten Marchand in Ägypten Einfluß zu gewinnen, aber Kit- chener trat ihm bei Faschoda entgegen. Denkwürdig ist der Augenblick, da Kitchener wutentbrannt dem Obersten Marchand gegenübertrat : „Was gedenkt der Herr Oberst gegen meine Übermacht zu tun ?‘ Auf meinem Posten zu sterben.“ Und Kitchener: „Weder auf diesem Posten zu kämpfen noch zu sterben, steht Ihnen bevor. Ihre Regierung gab Ihnen Befehl zum Vormarsch, sie wird Ihnen auch Befehl geben, diesen Posten wieder zu verlassen.“ Von London und Paris kamen bald neue Weisungen. Dem französischen Minister Delcassde wurde von London mitgeteilt, daß das gesamte Mahdisten- reich durch Eroberung an England übergegangen sei und daß die britische Regierung dieses Recht für undiskutierbar erkläre. Unter to-