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Der Suezkanal : seine Geschichte und seine wirtschaftspolitische Bedeutung für Europa, Indien und Ägypten / von Alfred Birk und Karl Hermann Müller
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II. Der rote Faden.

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im parlamentarischen Ausschüsse des Reichstages. 1 ) DieserSach­verständige kann es garnicht begreifen, warum sich Deutschland damals nicht mit Haut und Haaren den Engländern verschrieben hat. Er empfindet es geradezu als Notwendigkeit, daß Großbritannien ausschließlich über die Verwendung der deutschen strategischen und diplomatischen Kräfte verfüge. Dr. Eugen Fischer wäre also hier­nach im besten Sinne geeignet, Propaganda für den Völkerbund, dessen Bestrebungen ganz in seinem Sinne liegen, zu entfalten. Ich hoffe, daß die deutsche Industrie, die deutsche Arbeiterschaft und außer­dem alle die, die noch an eine Zukunft Europas glauben, dem Werke Eugen Fischers nicht mehr Bedeutung beimessen als unsere bisherigen Diplomaten der europäischen Politik. Das Holsteinsche großeNein war das mannhafteste Wort der letzten Jahrzehnte. Nachdem es ge­sprochen war, begnügte sich England mit Japan, das mit Rußland schon um Korea kämpfte. So begann der ostasiatische Krieg, um im Interesse Englands die Kräfte Rußlands zu binden. Würde es der Zarenregierung gelungen sein, die japanische Etappenstraße über die Meerenge von Korea zu zerreißen, dann wäre der Ausbruch des Welt­krieges 1914 nicht erfolgt. Rostjeschtwenski fuhr mit seiner Flotte von Kronstadt aus, jedoch nicht zum Siege, sondern zum Untergang bei Tsushima. Hierdurch wurden der Betätigung Rußlands im fernen Osten solche Schranken gesetzt, daß es für die englische Diplomatie ein Leichtes war, dem Ausdehnungsdrang der Panslawisten nach Westen Raum zu geben.

Die Unterstützung des Mikado von London aus zeitigte aber nicht nur diesen Erfolg für Großbritannien, vielmehr konnte jetzt die durch die äußerste Anspannung Rußlands geschaffene isolierte Lage Frank­reichs schon am 8. IV. 1904, also zu Beginn dieser Aktion, zu jenem berüchtigten Vertrag ausgenutzt werden, der England in Aegypten, Frankreich in Marokko freie Hand ließ und gleichzeitig Deutschland und Frankreich auf äußerst gespannten Fuß stellte. Letzteres war von außerordentlicher Wichtigkeit, denn die weitsichtigen Diploma­ten an der Themse hatten es wohl erkannt, daß ein anderes schweres Geschütz aufgefahren war: Die Orientpolitik des deutschen Reiches, die sich besonders in den politischen Erfolgen, betreffend den Bau der Bagdadbahn als kontinentale Umgehungsstraße des Suezkanals und in der beginnenden türkischen Armeereform bemerkbar machte. Man

*) Dr. Eugen FischerHolsteins großes Nein Neue Verlagsgesellschaft für Politik und Geschichte.