II, Der rote Faden.
133
den her der nach Süden vordringende Einfluß Englands auf die Süd- Nordbewegung der lateinischen Kultur. Diese Tatsache sollte Grund genug sein, den dortigen Begebenheiten und deren literarischer Einkleidung Aufmerksamkeit zu schenken.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch Italien daran erinnern, daß man es seinerzeit nach Tripolis hinübergestoßen hat, um seine Mittelmeerpolitik auf den Gefrierpunkt zu bringen. Der Zweck der hierzu in London gegebenen „Erlaubnis“ war, durch diesen Raubzug den Haß der osmanischen Welt gegen den damaligen Dreibund hervorzurufen ; und ich will nicht vergessen, daß der berufsmäßige Friedensvermittler diesen Raubzug damit belohnte, daß er das Honorar für die Friedensaktion in Gestalt des wichtigsten Hafens Sollum einhob und den Italienern den gänzlich wertlosen Platz von Tobruck überließ. So wurde England in die Lage versetzt, als wichtigen Schutz für den Suezkanal das Mittelmeer zwischen Zypern und der nordafrikanischen Küste zu sperren. Da England im Jahre 1908 nach Aufrollung der Kretafrage für seine hochherzige Vermittlung dieSudabay eingesteckt hatte, konnte man, nachdem auch die Italiener gepflückt waren, eigentlich das ganze Mittelmeer als britisch „eingehängt“ bezeichnen.
Soweit das Tatsächliche. Nun das Mutmaßlichei Das neue russische Reich, das über ausgezeichnete Diplomaten verfügt, begnügt sich nicht mit Aktenbockstudien, vielmehr ist es bemüht, seine Maßnahmen den bestehenden politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen anzupassen. Sein Hauptziel ist dabei eine absolute wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit zu schaffen als Grundlage jeder gesunden Politik, als einzige Stütze eines wahren Friedens.
In Verfolgung dieses Zieles hat das neue russische Reich Bündnisse geschlossen, die nahezu den gesamten Osten des europäisch-asiatischen Festlandes umfassen. In ihnen sieht England eine Gefahr in sofern, als Indien die Möglichkeit für gekommen halten könnte, sich aus den britischen Sklavenketten zu befreien. Bezeichnend für diese Ansicht ist das Werk „The lost dominion“. In Anlehnung an die bisher stets bewährten Muster erscheint es daher als eine Selbstverständlichkeit, daß Großbritannien eine Gruppe von Mächten zusammenbaut, die „Indien“ befreien sollen, indem jene Mächte, durch die die Gefahr heraufbeschworen ist, zur Ohnmacht zerschlagen werden. Um nun eine solche Handlung derart durchzuführen, daß der Urheber seine bisher so einträgliche, menschenfreundliche Maske