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Aegypten : Reisehandbuch für Aegypten / von Moritz Busch
Entstehung
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6 Allgemeines für Orient-Keisende.

Banknoten haben nur in Konstantinopel und an einigen andern Küsten­plätzen Rumeliens Werth. Man hüte sich deshalb vor ihnen, zumal sie nirgends zu dem Betrage, den sie repräsentiren, angenommen wer­den. Im Uebrigcn ist zu bemerken, dass es nicht gcrathen ist, sich mit grossen Summen in baarem Gelde zu versehen. Bis Triest gelten die österreichischen Banknoten. Von da nehme man sich Kreditbriefe nach Alexandrien, Athen, Smyrna, Beyrut und Konstantinopel mit, und ausserdem versehe man sich mit einigen Sovereigns oder Napo­leons, einigen spanischen Thalern und einigen Dutzend Piastern, um den ersten Bedürfnissen genügen und dem unvenneidlichen Verlangen der Orientalen nach Trinkgeldern nach Belieben gerecht werden zu können.

Das Wort Bakschisch ist dasjenige, mit welchem der Beisende in der Levante zuerst vertraut wird. Es empfängt ihn, verfolgt ihn auf Schritt und Tritt und hallt ihm bei der Heimkehr als Abscliieds- gruss nach. Es ist damit ein freiwilliges Geldgeschenk gemeint, wel­ches der gemeine Orientale bei jedem Zusammentreifen mit Europäern, namentlich aber bei jeder Dienstleistung, sei sie noch so geringfügig, erwartet und beansprucht. Niemand ist gezwungen, ein Bakschisch zu geben, indess nöthigt oft die Klugheit dazu, und es ist nicht sowohl Freigebigkeit, als Sparsamkeit zu nennen, wenn dem Verlangen ge­willfahrt wird. Wird zum Beispiel das Gepäck nach der Mauth ge­bracht und der Beamte macht Miene, es zu untersuchen, so steht er sofort von seiner Absicht ab, wenn das Wort Bakschisch ausgesprochen wird und ein paar Piaster aus der Hand des Reisenden in die seine gleiten. Findet der Wanderer im Orient beim Anbruch der Nacht die Thore eines Khan oder einer Stadt geschlossen, so ist Bakschisch der beste Schlüssel, der sie öffnet. Ueberhaupt gibt es kaum eine Schwie­rigkeit, die das magische Wort nicht überwände.

Andere Geschenke zu geben, ist im Allgemeinen nicht mehr üblich. Früher war es Gebrauch, mit den Paschas, denen man vorge­stellt wurde, Gaben zu wechseln. Dies ist in den letzten Jahren abge­kommen. Wer sich indess länger an einem Orte aufhält und dort von einem Scheik oder Gouverneur Gefälligkeiten in Anspruch zu nehmen hat. kann den Wunseh hegen, sich erkenntlich zu bezeigen. Dann nehme er sich für ersteren eine Pfeifeiispitze von Bernstein, einen Tarbusch oder ein hübsches Messer, für letztem ein Taschenfernrohr, einen Revolver, Spielzeug für Kinder oder Zierrathen für Frauen mit. Wer viel unter dem Volke im Innern zu leben gedenkt, mag sich iiberdiess in Wien, wo dergleichen billig ist, mit einigen Dutzenden von recht grellfarbigen von Messing- oder Stahlzierrathen blinkenden Armbändern und billigen Taschenspiegeln versehen. Er kann sich na­mentlich in Syrien und Palästina manchen Freund damit machen. Den Consuln im Innern wird man in den meisten Fällen schon durch sein Erscheinen Freude bereiten, die durch das letzte Quartal einer oder der andern deutschen Zeitschrift oder durch ein neues epoche­machendes Buch erhöht werden kann.