I
12 Allgemeines für Orient-Reisende.
wie früher, da der Gesundlieitsrath stets passende Massregeln trifft und die .Behandlung der Kranken grosse Fortschritte gemacht hat. Das erste Mittel für den, der die Vorboten herannahen fühlt, sollte ein Brechmittel sein, welches, wenn es zu rechter Zeit genommen wird, dem Uebel oft Halt gebietet; ein Aderlass ist nicht zu empfehlen.
Das Qaarantänehalten war bis vor wenigen Jahren ein sehr dunkler Funkt inmitten des Kranzes von Genüssen, welche eine Reise im Orient bot. Mit Grauen erinnerte sich der Tourist des Fegfeuerlebens, welches er in den Lazarethen der verschiedenen Küstenstädte durchzumachen hatte, ehe man ihn für hinreichend gereinigt hielt, um in das Paradies des civilisirten Lebens Einlass zu finden. Oft musste ein solcher Unglücklicher volle vierzig Tage (woher das Wort Quarantäne kommt) in diesen Orten sich langweilen und für schlechte Herberge bezahlen, als oh er im ersten Gasthofe gewohnt. Selten liess man ihn vor 10 Tagen aus seiner Haft, gleichviel, ob das Schiff, mit dem er gekommen, einen reinen Gesundheitspass oder nicht besass, d. h. gleichviel, ob es von einem Orte kam, wo keine Pest oder andere ansteckende Krankheit herrschte, oder von einem solchen, wo dies der Fall war. Dies ist jetzt beträchtlich besser geworden. Vernünftigere j Ansichten von der Natur der Ansteckung haben Platz gegriffen, und ' der Reisende ist jetzt nicht dem zehnten Theile der Plackereien ausgesetzt, welche ihn früher trafen. Fast in jedem Hafen der Levante ! ist die Quarantäne aut eine Beobachtung beschränkt worden, welche 24 Stunden dauert, und in den meisten Fällen ist sie factisch ganz abgeschafft, da man Dampfschiffen und Kriegsfahrzeugen die Zahl der Tage anrechnet, welche sie auf der Fahrt sind, sobald der Kapitän j versichert, dass er auf der See mit keinem Schiffe Vorkehr gepflogen hat.
Die Regeln der Quarantäne sind indess steten Abänderungen unterworfen, da sie sich in der Hauptsache nach dem Staude der Gesundheit in der Türkei oder überhaupt dem Lande richten, welches das Fahrzeug zuletzt berührt hat. Wenn die Post, die Blattern oder die Cholera in der Türkei, Griechenland oder sonstwo ausbrechen, so wird in den Häfen des Mittelmeeres die Quarantäne verlängert, und wenn der Reisende das Unglück haben sollte, mit einem Schiffe zu segeln, das einen unreinen Gesundheitspass hat, so muss er sich auf einen langem Aufenthalt im Lazarath der Stadt gefasst machen, wo er an das Land steigt. Für solche wird es gut sein, sich zu erinnern, dass die besten Lazarethe der Levante sich in Syra, Korfu, im Piräus und in Malta befinden.
In allen diesen Anstalten wird man unter Aufsicht eines Guardiano (W ächters) gestellt, welcher darauf zu sehen hat, dass man nicht mit seinen Mitgefangnen verkehrt. Versieht man es in dieser Beziehung und berührt man einen Reisenden, der später in das Lazareth gekommen ist, so muss man so lange eingesperrt bleiben, bis letzterer Pratica bekommt, d. h. bis derselbe für rein gilt. Ueberall werden Trinkgelder und andere Geldzahlungen verlangt, ehe man die Erlaubniss zum Herausgehen erhält. Verletzungen der Quarantänegesetze wurden früher