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Religion. 33
Typhon und erschlug ihn. Osiris war nicht gestorben, sondern nur in die Unterwelt hinabgestiegen, wo er als König herrschte. Diesem Mythus liegt der Kreislauf der Natur zu Grunde. Nach der Ueberschwemmung und » der fruchtbringenden Zeit folgt in A gypten bis zur Wiederbefruchtung
des Landes eine Periode ausdörrender Hitze und Unfruchtbarkeit. Aber sie währt nicht lange, nach der neuen Ueberschwemmung ist das Kind der Isis und des Osiris, der fruchtbringenden Erde und der gedeihenspendenden Sonne, erwachsen, der neue Segen des Jahres ist der Sohn des gemordeten Gottes.
In der Gestalt des Typhon (ägyptisch Sed genannt' sind alle schädlichen Naturkräfte zusammengefasst. Er ist der versengende Sonnenstrahl, die Unfruchtbarkeit und die Dunkelheit, der Gott des öden salzigen Meeres im Gegensatz zu dem süssen befruchtenden Nilwasser, ihm gehörten alle verderblichen Thiere und Pflanzen an. Er war auch der Urheber des moralisch Bösen. Seine Farbe war dunkelroth, das Krokodil, das Nilpferd, der Esel mit seiner hässlichen Stimme waren ihm geweiht. Er selbst trug Eselsohren.
Horos (ägyptisch Har) wird häufig als Kind mit dem Finger im Munde dargestellt, wo er als Harpechruti, Harpokrates bezeichnet wird; aber er heisst schon in dieser Gestalt „der grosse Heiland“, „die Stütze der Welt“. Herangewachsen ist er der starke Horus, Haruer. Als solcher erscheint er mit dem Sperberkopfe des Ra und mit den Zeichen der Herrschaft und des Lebens.
Dem Horus steht zur Seite die Göttin Hathor, die bald als Liebesgöttin erscheint und dann mit Stricken und dem Tamburin in der Hand, den Symbolen fesselnden Reizes und jubelnder Lust dargestellt ist, bald aber auch blos als Naturpotenz des Gebarens aufgefasst wird. In letzterer Bedeutung ist ihr der weibliche Sperber und die Kuh heilig, und wie in ihrem Haupttempel eine weisse Kuh gehalten wurde, so wird sie selbst mit Kulihörnern und mit dem Kuhkopfe abgebildet. Ausserdem war ihr der Perseabaum, eine Pflanze des Lebens, geweiht.
Dem bösen Typhon gegenüber sind in Horus und Osiris alle an einzelne Götter vertheilten Eigenschaften der wohlthätigen Natur vereinigt und personificirt. Den Osiris riefen die Aegypter als Herrn des Lebens an, aber die Herrschaft über Aegypten hatte er an Horus überlassen, sein wichtigstes Amt ist die Herrschaft in der Unterwelt. Die immergrüne Tamariske ist sein Baum, der Reiher sein heiliges Thier. In Isis, die “grosse Göttin“, die „königliche Gemahlin“, gehen alle Göttinnen der Empfängniss und der Geburt, die Mut, die Neith, f die Hathor über, während sie doch auch als besondere Gestalten ne
ben ihr bleiben. Die Kuh, das Bild des bereiten Empfanges, der reichlichen Geburt und der mächtigen Nahrung ist ihr Symbol und so wird sie auch mit Kuhhörnern und selbst mit einem Kuhkopfe dargestellt.
Osiris und Isis wurden im ganzen Lande verehrt. Ihre Haupttempel aber hatten sie zu Abydos und This und auf der Insel Philä.
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