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Aegypten : Reisehandbuch für Aegypten / von Moritz Busch
Entstehung
Seite
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Kairo. 73

Was Literatur betrifft, so ist auch hierein Aegypten bereits etwas vorgeschritten, denn es bestehen seit geraumer Zeit verschiedene Blätter, von denen einige in Kairo, die anderen in Alexandrien erscheinen und täglich per Post nach hier versandt werden.

Telegraphische Verbindung besteht sowohl von hier aus nach allen Plätzen Europas, als auch nach dem Innern des Landes dann nach Suez und von dort bis nach Indien.

Der arabische Name Kairos ist Masr, auch Masr El Kaliira. Es wurde von Golier, dem Feldherrn des Khalifen El Moez, dem ersten Herrscher der Fatimiden-Dynastie, der über Aegypten herrschte, ge­gründet, und zwar im Jahre der Hedsclira 3fi2, nach unsrer Zeitrech­nung 973 n. Ohr. Bald nachher schlug der Khalif selbst seine Resi­denz hier auf, und Fostat (jetzt Altkairo genannt) musste seine Eigen­schaft als Hauptstadt des Landes an die Nebenbuhlerin abtreten. Das Beiwort el Kahira bedeutet die Siegreiche, eine Bezeichnung, welche die Stadt bis auf die neuere Zeit sehr wohl verdiente. Namentlich war dies in den letzten Jahren der Fatimiden, wo Kairo von den Kreuz­fahrern angegriffen wurde und theilweise niederbrannte, und Unter Selah Eddin (Saladin), dem grossen Gründer der Ejubiten-Dvnastie, der Fall, welch Letzterer die Stadt auch mit einer steinernen Mauer umgab und über ihr die Citadelle erbaute.

Kairo ist nach Konstantinopel die grösste Stadt des Orients und zugleich eine der schönsten im ganzen Morgenlande. Die Bevölkerung Kairos soll zu Anfang dieses Jahrhunderts die Zahl von 300,000 Seelen überstiegen haben. Genau lässt sich dieses jedoch nicht angeben, da eine officielle Zählung nie bestanden hat, und auch jetzt, der Harems- verhältnisse wegen, wonach selbst der Polizei der Eintritt in das In­nere der Häuser nicht gestattet ist, seine Schwierigkeiten haben dürfte.

Man nimmt an, dass gegenwärtig 300,000 Muhamedaner, 12,000 Kopten, 8,000 Juden, 2,000 Armenier, 07,000 Griechen und 1820,000 Europäer hier leben; höchstwahrscheinlich ist aber die Einwohnerzahl grösser, und erreicht nahe eine halbe Million

Gegenwärtig hat die Anzahl der Europäer seit dem Krimkriege, während des amerikanischen Krieges und durch den Suez-Kanal in grossem Maasstabe zugenommen.

Die Zahl der hier ansässigen Deutschen beläuft sich auf ohn- gefähr 1000 Seelen; 300 hievon sind Norddeutsche, und stehen dem­nach unter dem norddeutschen Bundesconsulate; 100 sind Schweizer, welche grösstentheils unter französischem der Rest aber unter öster­reichischem Schutze stehen, doch befinden sich hierunter natürlich auch Ungarn, Böhmen und viele Walachen.

Die vornehmem Leute, die hohem Beamten der Regierung sind, wie die Familie des Vicekönigs, sämmtlich türkischer Abstammung; unter den Europäern, die hier leben, wiegt das italienische Element vor.

Die Lage der Stadt unter dem Mokattam-Gebirge ist sehr an- muthig. Von allen Seiten mit Palmengruppen, Akazien- und Sykomo- renalleen, grünen Feldern und Gärten umgeben, bietet sie mit ihren