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Aegypten : Reisehandbuch für Aegypten / von Moritz Busch
Entstehung
Seite
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74 Kairo.

gelblichgraueu Häusern, ihren weissen Palästen und ihren zahlreichen schlanken Minarets ein echt orientalisches Bild. Im Innern ist sie, mit Ausnahme des Prankenviertels, welches an spanische und italienische Städte erinnert, sehr unregelmässig angelegt. Die Strassen sind meist eng und winkelig, die Fenster gewöhnlich ohne Rücksicht auf Symme­trie an den Häusern angebracht. Viele der Moscheen' und ebenso man­che Häuser sind halbe Ruinen. Sehr selten findet sich im Innern ein freier Platz, ja ein grosser Tlieil der Gassen ist sogar zum Schutz gegen die Sonnenstrahlen oben mit Tüchern oder Matten überspannt, so dass man im Halbdunkel durch sie hingeht. Die Häuser, im Unter­stock aus Stein erbaut, oft mit wagerecht laufenden weiss und rothen Streifen bemalt, gewöhnlich 2, auch 3 Stock hoch, und mit schrank­artigen Erkern versehen, haben sämmtlich platte Dächer. Glasfenster sind nur im europäischen Quartier und in den Palästen des Yicekönigs und der Beis und Paschas zu finden. An allen andern Häusern sieht man lediglich Holzgitter statt der Scheiben, doch sind dieselben in der Regel in so amnuthigen Mustern geschnitzt, dass man das Glas gern vermisst. Häufig begegnet man schön geineisselten Rundbogenthüren, bisweilen stattlichen Moscheen mit einer Architektur, die an die beste Zeit der sarazenischen Baukunst mahnt, hin und wieder auch buntbe­malten Brunnenhäusern in türkischem Geschmack. In den Hauptver­kehrsstrassen sind im Erdgeschoss offene Verkaufsläden angebracht, die in der Regel aber nur in etwas über dem Erdboden erhöhten, durch Fallklappen zu schliessenden Nischen bestehen.

Keine Stadt des Orients, Damaskus vielleicht ausgenommen, hat in ihrem Charakter und in ihrer Physiognomie das eigenthümliclie altmorgenländische Wesen so treu bewahrt, als Kairo, die Haupstadt Aegyptens; und zwar beschränkt sich die Eigenthümlichkeit nicht auf die Moscheen und die Bazars, oder auf das Aeussere der Häuser, das Innere zeigt denselben oft wunderbar schönen altarabischen Styl, und Niemand kann die Höfe und Gemächer der Privatwohuungen der rei­cheren Ivairener betreten, ohne lebhaft an die Eindrücke erinnert zu werden, welche die Lectüre von Tausend und Eine Nacht auf ihn machte.

Das Innere eines Hauses in Kairo gleicht an Planlosigkeit und Verwirrung der Vertheilung der Stadt selbst. Es hat aber ebenso viele einzelne Schönheiten. System ist nicht darin, aber um so mehr Phan­tasie und Poesie, die sich allenthalben in niedlichen Thürmchen, Git­tern, Säulen, Geländern, Nischen und Schränkchen, geschnitzten Decken, eingelegten Fussböden, amnuthigen Simsen, Basins und Springbrunnen knndgibt, und der sich häufig die Natur mit Palmen und anderen Bäumen, Schlingpflanzen und Blumen zu weiterer Verschönerung an- schliesst. Die Hauptaussicht der Zimmer geht gewöhnlich nicht auf die Strasse, sondern auf den Hof, in den man durch eine mit einem Holzriegel verschlossene Thür und einen in mehreren Biegungen lau­fenden Gang gelangt. In diesen Hof führen auch die Thiiren der Be­suchszimmer, der Küche, der Stuben für die Dienerschaft u. s. w.,