Kairo. 79
während drüben in der Ferne auf dem Wüstenabhang die Pyramiden herüberschauen und zur Rechten der Strom sich mit zwei breiten Armen dein Meere zuwendet. Innerhalb der Mauern der Citadelle, welche weniger zum Schutz der Stadt, als zu einer Zwingburg derselben angelegt ist, und nach der man vom Esbekieh-Platz in einer reichlichen halben Stunde reitet, befinden sich die Ruinen des Palastes Saladins und der sogenannte Josefsbrunnen, der aber nichts mit dem keuschen und klugen Sohne Jakobs zu thuu hat, sondern eigentlich Jussut's- brunnen heisst und mit dieser Bezeichnung an den Vornamen Saladins erinnert, dev ihn reinigen liess. Der Brunnen selbst schreibt sich aus altägyptischer Zeit her, war aber viele Jahrhunderte mit Sand gefüllt und fast gänzlich verschwunden. Er besteht aus einem obern und einem untern Schacht, der 260 Fuss tief durch den Felsen getrieben ist. Eine von dem Schacht ihr Licht erhaltende Wendelgalerie geht bis auf den Grund der ersten Abtheilung, wo in einem in den Fels gehauenen Raume ein Pferd das grosse Rad dreht, welches beständig eine Anzahl von Wassereimem aus dem unteren Brunnen heraufbringt. Das Vhsser wird in ein geräumiges Becken gegossen und von dort an einer Kette von Eimern hinauf zu Tage befördert. Von einem Araber mit einer Kerze oder Fackel begleitet, steigt man in den ersten Schacht hinab und trinkt von der frischen kühlen Fluth. Dieser Brunnen und die Stelle, wo an dem denkwürdigen 1. März 1811 der Mameluk Emin Bei sich durch einen kühnen Sprung mit dem Pferde über die Mauer vor dem Schicksal seiner 439 Gefährten rettete, welche auf Mehemed Alis Befehl von den Arnauten hier im Hofe der Citadelle angegriffen und sämmtlich niedergeschossen wurden, sind Punkte, welche die Führer dem Reisenden meist zuerst zeigen. Der Palast des Vicekönigs und die Gebäude der verschiedenen Ministerien, die sich hier befinden, bieten nur geringes Interesse. Dagegen macht die neue Moschee Mehemed Alis Anspruch auf architektonische Schönheit. Ein offener Hof mit Säulenhallen an der südlichen, westlichen und nördlichen Seite, in der Mitte mit einem Brunnenhaus und gegen Westen hin mit einem Thurm verziert, der eine Uhr zeigt, führt in die eigentliche Moschee, die aussen von vier ungemein schlanken, fast halmartigen weisscn Mina- rets überragt wird, während sich über die Mitte eine grosse Kuppel wölbt, neben der mehrere kleine emporschwellen. Die innem Wände sind allenthalben mit ägyptischem Alabaster von der Farbe leicht angerauchten Meerschaums bekleidet, und die Kuppeln schimmern von kunstreichen Arabesken in Grün, Roth, Blau und Gold. Ein magisches Licht fällt durch das bunte Glas der Fenster. In der einen Ecke befindet sich ein marmornes Grabdenkmal Mehemed Alis ohne Inschrift. Das Ganze macht einen angenehmen Eindruck, hält indess keinen Vergleich mit den alten Moscheen aus der Kaliphenzeit aus.
Auf dem Rückwege von der Citadelle mag man die von hier in einer halben Stunde zu erreichenden, nordöstlich von Kairo gelegenen Sultansgräber besuchen. Die Khalifengräber nahmen die Stelle ein, wo jetzt der Bazar Clianclialil sich befindet, sind aber mit Aus-