Alexandrien. 87
unter den Ko^f gelegt und alle dicht an einander gereiht, der Art hin, dass der Kopf eines Jeden zwischen die Füsse von zwei Nachbarn zu liegen kam. Anfangs hörte man sie „Allah !- murmeln, dann trat eine feierliche Stille ein, die nur durcli dumpfes Stöhnen und tiefes Athmen unterbrochen wurde. Plötzlich öifnete sich das Thor, und ein dicker heiliger Manu, der Scheich der Saadiderwische, ritt in den Hof. Sein Pferd, das Anfangs zu zaudern schien, die Menschenkörper zu betreten, wurde auf beiden Seiten am Zügel geführt, der Heilige schloss die Augen — und ruhig und langsam schritt sein Thier über die auf der Erde liegenden Menschen hinweg. Diese sprangen sodann mit Geheul und Wehklagen auf und drehten sich wie rasend im Kreise herum. Manche Hessen sich schreiend wegtragen, Andere entfernten sich still. Im Allgemeinen werden wenige dieser elastischen arabischen Körper durch den Tritt des Pferdes verletzt oder verstümmelt, obgleich dasselbe, wie ich mich mit eignen Augen überzeugte, beschlagen war. Die ganze Handlung galt für ein Wunder, und man sagt von demjenigen, welcher verletzt wird, dass er sich nicht genug durch Pasten und Beten vorbereitet habe. Im Uebrigen glauben die Märtyrer selbst, wenn sie zu Tode getreten werden, das Paradies gewonnen, wenn sie gequetscht werden, ein verdienstliches Werk gethan zu haben.“—
Das Mulid ed Hassanin (Geburtsfest der Söhne Ali’s) wird vom 11. Rebi el Acher acht Tage hindurch gefeiert und gilt, da diese als die Patrone der Stadt angesehen werden, als eines der bedeutendsten Feste Kairo’s. Die Moschee, wo die Gräber der beiden Heiligen sieh befinden, ist dann prachtvoll beleuchtet. Ebenso die benachbarten Häuser. Menschenmassen strömen nach der Stelle, und die Derwische führen ihre wilden Tänze auf, während Gaukler und profane Tänzer ihnen secundiren.
Die Feste zu Ehren der Seddi Sejnab, der Enkelin Mohammeds, und anderer männlicher und weiblicher Heiligen, die in der Stadt Moscheen haben, werden in ähnlicher Weise gefeiert. Interessanter waren früher die Abende während des Ramadan. Dann waren alle Bazars glänzend erleuchtet, und Massen von Menschen sassen vor den Läden und erholten sich von dem grausamen Pasten während des Tags durch allerlei Genüsse, plauderten und hörten den Märchenerzählern za, welche ihnen mit lebhaften Geherden die Geschichten von Tausend und Eine Nacht und andere Erzählungen vortrugen, deren das arabische Volk eine grosse Anzahl besitzt.
Diese Festlichkeitei: während des Ramadans haben jedoch seit einigen Jahren sehr abgenommen, ja man kann heut zu Tage ganze Strassen und Bazars durchwandeln, ohne ein Licht und ohne einen Menschen zu erblicken.
Europäische Kultur und europäische Einrichtungen, haben wohl den ersten Anstoss hierzu gegeben; die Divans, d. h. die Ministerien, und Gouvernementsbureaux, welche früher währenddes Tages geschlossen und während des Nachts offen und in Thätigkeit waren, sind jetzt, ganz gleich wie an andern Tagen, geöffnet, und werden nur etwas