90 Kairo.
sang ein Sänger aul'stehend und die rechte Hand an das Ohr legend ein Loblied auf Mohammed, Sidi Ibrahim, El Bedauwi und El Bejumi, ungefähr in der Weise, wie in katholischen Kirchen die Messe gesungen wird. Er endigte mit dem Worte Allah, welches nun von dem Chor der Derwische mehrere hundert Male eintönig wiederholt wurde, wobei alle sich taktmässig verbeugten. Dann wurde ein anderes Lied im Chor gesungen, während die Derwische, die sich jetzt erhoben, rechts und links zur Seite sich schaukelnd bewegten.
Plötzlich trat der eine der Knaben in die Mitte, legte den Kopf auf die Schulter, breitete die Arme aus rmd fing an, sich wie ein Kreisel zu drehen, eine Bewegung, welche er fast zwanzig Minuten fortsetzte, während die Andern sich unaufhörlich und immer heftiger verbeugten und fortwährend den Kuf Allah hören Hessen. In den eintönigen Gesang mischten sich jetzt wieder die tremulirenden Jubeltöne des Sängers, dem sich die Flöten von zwei Musikanten anschlossen. Die Vorbeugungen der Derwische wurden lebhafter, rascher und zuletzt förmlich krampfhaft. Ihr Ruf wurde zum Gebrüll, in das sich das wüste Hu! Hu! einzelner besonders Erregter mischte. Viele legten die Mützen und Oberkleider ab. Der Knabe aber drehte sich ruhig fort, bis er endlich ebenso plötzlich, wie er begonnen, abbrach und ohne alle Zeichen von Erschöpfung in die Reihe der Andern zurücktrat Es folgte eine Pause, dann fing das Bücken, jetzt nur von takt- mässi gern Stöhnen begleitet, das Flötenspiel und der Lobgesang des Sängers von Neuem an. Erst langsam, wurde es von Minute zu Minute rascher und gewaltsamer, bis es endlich in ein förmliches wftthendes Schlenkern des Körpers bis zu den Knien ausartete. Die Haare flogen wie Mähnen von wilden Thieren, die Augen glühten wie die von Rasenden, dann und wann kreischte die Stimme eines Verzückten Allah! Zu den Flöten gesellte sich die Trommel und zu dieser das schallende Becken. Der Scheich ermunterte die, deren Kräfte nachliessen, init Händeklatschen. Mehrere alte Graubärte sprangen in der Mitte herum und trieben durch Paukenschlag zu grösserem Eifer an.
Endlich mochte das Geheul und Geächz, das taktmässige Bücken und Schlenkern die Mehrzahl erschöpft haben. Das Gestöhn wurde schwächer, Einzelne Hessen mit ihrer Verbeugungen nach, Andere aber führen, wie vom Veitstanz ergriffen oder von einer unsichtbaren Faust geduckt und emporgerissen, schweisstriefend, röchelnd, brüllend fort, bis sie von ihren Gefährten auf den Rücken gelegt wurden oder unter Zuckungen von selbst zusammenstürzten. Mehrere türkische Derwische hielten noch lange aus, bückten und bückten sich mit wildfliegenden Haaren, brachen zusammen, standen wieder auf, bückten sich wieder, taumelten wie Betrunkene, Schaum vor den Lippen, umher, sprangen kreischend nach den Wänden, um den Kopf daran zu stossen, fielen hin und lagen wie todt auf dem Boden, bis der sanfte Gesang des Scheichs und andrer Vorsteher, der die scheussliclie Scene beschloss, sie erwachen liess. Man kann sich kaum etwas Grauenvolleres denken, wie diesen Gottesdienst, als die Inbrunst der Beter, unter denen alle
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