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Aegypten : Reisehandbuch für Aegypten / von Moritz Busch
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Die Nilreise bis nach Theben. 121

das Labyrinth, der Palast des Königs, ein vierseitiger Hof, der von drei Seiten mit Massen von Sälen und Zimmern, zusammen dreitausend, umgeben war, während auf der vierten eine grosse Pyramide, sein Grab, abschliessend eintrat. Geweiht war es dem La, p-liro en-tho, d. h. der Sonne, der Königin der Welt, aus welcher Aufschrift die Griechen ihr Wort gebildet haben. Die zerrissenen Erdwände dieses später erneuerten Labyrinths sind noch übrig, ebenso die weissen Bruchstücke seiner Säulen. Zur Seite deutet ein runder Erdhügel die Stelle an, wo die aus ungebrannten Backsteinen aufgeführte Pyramide stand. Das Ganze durchschneidet ein moderner Kanal. Mitten im See erhoben sich nach Herodot zwei andere Pyramiden, auf deren Spitze die sitzenden Biesenstatuen eines Königspaares sich befanden. Von diesen Pyramiden ist zwar keine Spur mehr vorhanden, aber auf ein so bestimmtes Zeugniss hin kann ihr Vorhandengewesensein nicht bezweifelt werden.

Auch die Strecke bis Minijeh Hat wenig, was das Aussteigen verlohnte. In Bibbeh ist ein koptisches Kloster, in welchem ein mos- lemitischer Heiliger El Bibbaui verehrt wird, der nach seinem Bilde nichts anderes ist als der christliche St. Georg mit seinem weissen Pferde und seinem grünen Drachen. Einige Meilen von hier erhebt sich auf dem Ostufer der hohe Tafelberg Dschebel Schech Embarak hart am Flusse. In der Nähe von El Meragha, auf demselben Ufer, starrt die Felswand von Iladscliar el Salam (Stein des Wohlergehens) in den Stromspiegel, an welche sich der Aberglaube knüpft, dass keine ! Barke als glücklich zurückkehrend betrachtet werden kann, die bei der Heimkehr nach Kairo noch nicht an ihm vorüber ist. Von Abu Girgeh führt eine Strasse nach dem 2'/ 2 deutsche Meilen westlich liegenden Benesah, dem alten Oxyrhynclius. Auf dem Dschebel el Tayr, einer andern Bergkette hart am östlichen Ufer, steht das von koptischen Mönchen bewohnte Kloster Sitteh Mariam el Adra ; in Reisebüchern oft erwähnt wegen der Sitte seiner Bewohner, nach jedem unter euro­päischer Flagge vorüberfahrenden Fahrzeuge heriiberzuschwimmen und mit dem Ausrufe:Ana Christian ya HowadsehL um Almosen (und Branntwein) zu betteln. Minyeh hat ein gutes türkisches Bad und sein Bazar gibt Gelegenheit, die Vorräthe der Barke zu ergänzen, ln einer der vier Moscheen der Stadt sieht man Marmor- und Gra­nitsäulen mit korinthischen Kapitalen, und die Frommen glauben, dass jeden Freitag aus einer derselben Wasser Messt, um den Durst der Gläubigen zu löschen.

Die ersten wirklich selienswerthen Beste der altägyptischen I Kunst trifft man auf der Strasse zwischen Minyeh und Assiut. Es sind diess die berühmten Grabgrotten von Benihassan und die etwas höher flussaufwärts gelegene Speos Artemidos. Dieselben befinden sich ober­halb des verlassenen Dorfes Benihassan in der Bergwand, die sich hier mehrere Stunden weit auf dem Ostufer des Nils hinzieht, und man erreicht sie von dem Punkte, ivo das Boot ihnen am nächsten kommen kann, in einer reichlichen halben Stunde. Sie sind weniger wegen