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Aegypten : Reisehandbuch für Aegypten / von Moritz Busch
Entstehung
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Theben. 135

Betten in Gestalt von Löwen und Schakals, jene metallnen Handspiegel mit runder Scheibe, deren Griff eine Figur bildet. Ha gab es ferner elegante Meine Gefässe zur Aufbewahrung der schwarzen Schminke, womit die Aegypterinnen ganz wie heute noch, sich einen dunkeln Bing um das Auge zogen, um es grösser und schöner zu machen. Ha gab es sodann eine reiche Auswahl von Vasen in Alabaster, Bronze und Glas Glas, w r orin verschiedene Farben in reicher Zeichnung sich durchdrangen. Ha sind selbst Perrücken, deren Schmuck der sieg­reiche Held sowenig als die junge Prinzessin entbehren kann, nicht als ob ein Mangel der Natur es verlangte; es ist nun einmal so Mode. Ha ist allerlei Goldgeschmeide mit dom Bilde des heiligen Scarabäus, mit echten und falschen Edelsteinen, goldene Körbchen, silberne Käst­chen, mit Gold ausgelegt, Ebenholzschachteln mit Elfenbeinzierrathen, Götterfigürchen so klein und fein, dass sie nur mit dem Mikroskop zu würdigen sind.

Alle Arbeit dieses tleissigen Volkes tritt natürlich offen in die Strasse hinaus, wie noch jetzt allenthalben im Süden. In den wenigen vornehmen Gassen (der mit Aegypten vertraute Leser wird bemerken, dass diese Schilderung nicht der Phantasie, sondern den steinernen Bildergallerien Thebens und namentlich den Barstellungen in seinen Gräbern entnommen ist) sitzt der Geflügelhändler in seiner Bude und hängt seine nackten Gänse reihenweise aus. Eine aufgehängte Haut bildet die Firma und das Handwerkszeichen des Schusters. Er hält den Lederriem, den er schneidet, geschickt zwischen den Zehen fest oder zieht im Nähen den Draht des Schuhes mit den Zähnen an. Haben die Leute eben nichts zu thun in ihrer Werkstatt oder ihrem Laden, so spielen sie auch wohl ein Bretspiel, oder Mora, das noch jetzt in Italien lebende Spiel, wo jeder der beiden Betheiligten eine Anzahl Finger der rechten Hand ausstreckt und eine Zahl dazu nennt. Wessen Zahl der Summe der beiderseits zugleich ausgestreckten Finger ent­spricht, der hat gewonnen.

Vielleicht wäre eine solche Gewerbsgasse des alten Thebens uns nicht so fremdartig, wenn wir über das Gedräng dieses Volkes nicht plötzlich ein paar Kolossalliguren ragen sähen, die sitzend oder stehend eine gewaltige Hauptstras.se zwischen sich nehmen. Sie führt auf die Fähre oder Schiffsbrücke, welche die Westhälfte der Riesenstadt mit der Osthälfte verbindet. Es wimmelt dort von Lastschiffen, die vor­züglich mit Vieh und Thongefässen denselben, die noch jetzt in Kenneh gemacht werden beladen sind, von Lustbarken und allerlei andern Fahrzeugen, wenig verschieden von denen, die wir heut­zutage den Nil beleben sehen. Plötzlich aber stieben die Frachtschiffe, die leichten Papyrusboote und die vornehmen Gondeln auseinander, und die goldene Prachtbarke eines Ramses Meiamun kommt mit blitz­schnellem Ruderschlag, ein Purpursegel blähend dahergeschwommen. Her König sitzt auf seinem Polsterthron in der Mitte, und hinter ihm kniet sein Biener mit dem Fliegenwedel. Träumt der Fürst vielleicht von der Löwenjagd, die auf der Aussenwand seines Tempels dargestellt