Theben.
142
dach der Flügel. Am Eingang sassen kolossale Statuen, worunter der sogenannte junge Memnon war, dessen Kopf sich im Britischen Museum befindet. Das Kelchkapitäl über den Schäften des Mittelganges hat bereits die ganze Ausbildung, die es in den Pharaonenzeiten je erreicht hat. Alle Uebergänge von der Zeit der Pyramiden, wo wir in den Felsgräbern schwanke Schäftclien mit fast zerflatterter Blume sehen, bis zu dieser grossen massiv geschlossenen Blumenschüssel fehlen. Diese übrigens elegant ausgeschweifte Schüssel- oder Kelchfonn ist lediglich nm ihren Fuss noch mit der Andeutung eines Kreises von Kelchblättern bezeichnet. Alle Gliederung des Kelches selbst, der doch aus verschiedenen Kelchen zusammengefügt ist, wie der Schaft der Säule aus verschiedenen Pflanzenschäften, scheint verloren. Erst in der Periode der Ptolemäer kommt die urälteste Gliederung des Kelches wieder vor. Der Schaft ist in der Mitte vollkommen rund und glatt bis auf den Halsgurt der fünf Reife unmittelbar unter dem Kelch. Die andern Reife haben sich in Hieroglyphenbänder verwandelt. Der Fuss der Säule, der sich in spitze Wurzelblätter kleidet, ist stark eingezogen, so dass er auf der runden Fussplatte, die ihm zur Basis dient, fast ganz abgerundet erscheint. Die Schäfte in den Seitenreihen gleichen denen von Kurna; statt in der Mitte, sind sie nach Oben fein gegliedert. und das Knospenhaupt ruht in einer Art Halspanzer. Die Knospe ist jedoch nicht mehr neunfach gegliedert, wie dort, sondern völlig glatt.
Es folgt endlich ein kleinerer Säulenraum, der einst mit Seitengemächern, von denen jetzt keine Spur mehr übrig ist, umgeben war und ein astronomisches Deckengemälde hat. Hier war die Tempelbibliothek, über der die Worte: .„Labsal der Seele“ standen. Auf den Thürpfeilern, die in den nächsten, jetzt verschwundenen Raum führten, ist hier Seph, die Herrin des Büchersaals, und dort Thot, der Gott der Schreibekunst und Priesterweisheit, abgebildet, wie sie den Namen Ramses II. auf das Blatt eines heiligen Baumes schreiben und somit der Unsterblichkeit überliefern.
Von den übrigen Bauwerken des Tempels schildern wir im Folgenden die wichtigsten.
Auf der nördlichen Face des östlichen Pylons ist die Einnahme von Städten eines asiatischen Feindes dargestellt, dessen Fürsten von den siegreichen Aegyptern in Banden nach ihrem Lager geführt werden. Hieroglyphen, die dabei stehen, nennen die Namen dieser Städte und sagen, dass sie im vierten Jahre der Regierung des Königs Ramses II. eingenommen wurden. Das Steinbild zeigt, dass die Aegypter ein grausames Volk waren. Ein Soldat zerrt den einen Gefangenen am barte, während andere ihn schlagen. Weiterhin steht ein Trupp Fussvolk, einige Kriegswagen und ein Lager, angedeutet durch einen Wall von ägyptischen Schilden mit einer Thür, neben welcher vier Abtheilungen von Kriegern Wache halten- Hier wird die gewonnene Beute, Ochsen, Wagen. Esel u. s. w. aufgeschichtet, und dort scheint ein Esel unter der Last des Sacks mit Gold, den er trägt, fallen zu wollen. Ein Anführer empfängt den Gruss eines Fusssoldaten, ein anderer, in Mitten