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Aegypten : Reisehandbuch für Aegypten / von Moritz Busch
Entstehung
Seite
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Theben.

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Gesicht, deren schwarzer Augapfel aus einer glänzend weissen Höhle starrt, ist kaum weniger eindrucksvoll als dieselbe Figur in Sandstein oder Granit gehauen.

Nr. 9 wurde von den Körnern das Grab Meinnons genannt, wes­halb, weiss man nicht. Es ist vielmehr die Gruft Ramses des Fünften. Zu den schönsten dieser Grüfte gehörig und schon im Alterthume offen, war es vielfach besucht von griechischen und römischen Rei- senden, die ihre Bewunderung durch Inschriften an den Wänden aus­drückten. Nur einer, wahrscheinlich blasirt und dem Grundsätze des Nil adinirari zugethan, schrieb an die Wand: liraoavios icrropyjoa o-mvi os s8a-.ju.aaa rj irr) rov XiOov, d. i. Epiphanios fand nichts zu bewundern, als den Stein, d. h. den Sarkophag von Granit, der jetzt in der ge­wölbten, zur Seite mit Pfeilern gestützten Haupthalle zu hinterst in der 342 Fuss langen und 24 */ Fuss tiefen, sehr regelmässigen Grab­anlage in Trümmern liegt. Wände und Decken sind mit einem Seelen­gericht (siehe Seite 34) und zahllosen andern Figuren, meist Bildern aus den Gefilden der Seligen und dem Orte der Verdammten bedeckt. Man sieht die einen die Götter verehren, Früchte von himm­lischen Bäumen brechen, in himmlischen Wassern baden und jubeln. Noch reicher ist die Sammlung von Höllenbildern. Die Verdammten schreiten ohne Kopf dahin, schleppen ihr Herz hinter sich her. sind an den Füssen aufgehängt, werden in grossen Kesseln gesotten, letzteres theils in menschlicher Gestalt, theils als Seelenbilder, d. h. als Vogel­leib mit dem Menschenkopf, aber immer schwarz. Das Ganzeistange­reiht an den Lauf des Sonnengottes, der mit seiner aufsteigenden Barke bei Tag in den obern Räumen die Wohnorte der Seligen durch­zieht, bei Nacht auf seiner Rückkehr durch die Unterwelt die Schrecken der Verdammten schaut.

Nr. 8 ist das Grab Pthamens des Sohnes von Ramses II. Im ersten Gange links ist eine Gruppe, welche sehr kunstvoll gearbeitet ist und den Monarchen neben dem Gotte Re vorstellt. Die übrigen Sculp- turen haben sehr durch Feuchtigkeit gelitten.

In Nr. 6 lag Ramses VII. begraben. Die Länge des Grabes be­trägt 24:3 Fuss. Von den Öeulpturen sind zu nennen: die im dritten Gange, welche ein eigenthümliches Bild des Zeugungsprincips dar­stellen. das Porträt des Königs, welches sich wesentlich von den ge­wöhnlichen ägyptischen Schablouengesichtern unterscheidet und (auf der innern Wand der letzten Kammer) die Gestalt des Kindes Harpo- krates auf einer beflügelten Kugel. Das letztere dürfte, da es sich über den Sarkophag, die Todtenwohnung, hinaus befand, sich auf die wohl- bekannte Idee beziehen, dass auf die Auflösung Wiedergeburt zum Leben folgt. Nr. 1 Cdas Grab von Ramses IX.), Nr. 3, Nr. 4 (wo Ram­ses VIII. lag), Nr. 7 und Nr. 13 verdienen keinen Besuch. Dagegen mag man in Nr. 2 hinabsteigen, welches einen noch wohl erhaltenen Steinsarkophag zeigt, der eine Länge von 11eine Breite von 7 und eine Höhe von 9 Fuss hat.