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Aegypten : Reisehandbuch für Aegypten / von Moritz Busch
Entstehung
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Theben.

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gericht der Götter dargestellt eines der sehenswürdigsten Bildwerke von Theben. Osiris, der Vorsitzende, an einem Ende rechts, erwartet, Geissei und Krummstab in den auf die Brust gehaltenen Händen, auf seinem Throne die Ankunft der Seelen, welche in die Unterwelt (Amenti) gebracht werden. Vier Genien stehen vor ihm auf einer Lo- tosbliithe. Thoth, der himmlische Schreiber mit dem Ibiskopf, erscheint vor dem König der Unterwelt mit einer Tafel, auf welcher die Thaten des Verstorbenen verzeichnet sind, während der sperberköpfige Horus und Anubis mit dem Schakalskopf sich damit beschäftigen, dass sie die guten Thaten (nach Andern die Sünden) des Verstorbenen auf einer Wage gegen die Straussenfeder, das Symbol der Wahrheit und Gerech­tigkeit, abwägen. Ein hundsköpfiger Affe, das Emblem des Thoth, sitzt oben auf der Wage. Endlich kommt der Verstorbene in männlicher Kleidung zwischen zwei Göttinnen einhergeschritten. Er trägt in der Hand das Symbol der Wahrheit, wodurch angedeutet wird, dass er verdienstlich gelebt und sich Zutritt zu Osiris erworben hat. Die zwei­undvierzig Beisitzer, die man oben in zwei Reihen bemerkt, vervoll­ständigen die Sculpturen dieser Wand, die wahrscheinlich in beson­derem Bezug zu Osiris in seiner Eigenschaft als Todtenrichter standen.

Der Tempel Dayr el Bahn (Kloster des Nordens) befindet sich am Nordende des Assasif und hart unter den Klippen der libyschen Bergkette. Von Amuneitgori, der Schwester Thothmes III. erbaut, gehört er zu den ältesten Tempeln Thebens.

Eine zertrümmerte Sphinxallee von 1600 Fuss Länge, die im Südosten mit einem von Sculptur überdeckten Pylon endigte, von welchem jetzt nur noch die Grundmauern übrig sind, führte, aus der Richtung von Karnak kommend, nach dem Eingänge in den viereckigen Tempel, vor welchem zwei Fussgostelle die Stätte der Obelisken an­deuten, die sie einst trugen. 200 Fuss nordwestlich von diesem Tliore führt eine schiefe Fläche von Mauerwerk nach einem Granitpylon vor dem innern Hofe, und ungefähr 150 Ifuss von der Basis dieser Ter­rasse erstreckt sich eine im rechten Winkel mit ihr laufende Mauer auf jeder Seite 100 Fuss weit. Vor sich haben die Mauern eine Reihe von acht Säulen, die einen bedeckten Gang bilden.

Die innere Wand dieses Ganges ist mit schönen Sculpturen be­deckt. Auf der südwestlichen Seite marschiren mehrere Abtheilungen ägyptischen Fussvolks mit Baumzweigen in den Händen nach dem Klang einer Trompete und einer Trommel im Triumphzug auf. Ein Stier wird geopfert und Tische mit Opfern für den Gott Thebens werden vor den Truppen aufgestellt. Von den obern Sculpturen sind nur noch Spuren zweier Boote übrig. Auf der entsprechenden Wand der Nordo tseite werden Amunre zwei Obelisken geweiht und zwar, wie es heisst, von dem Herrscher, welcher dieses Gebäude errichtete und die beiden grossen Obelisken in Karnak aufstellte. Allein aus der dabei stehenden Hieroglyphen-Inschrift ergibt sich, dass sie von jenen im grossen Karnaktempel sehr verschieden waren. Die Inschrift sagt: Sie (Amuneitgori) hat dieses ihr Werk geschaffen für ihren Vater