Von Assuan bis Wadi Haifa. 195
Schurz um die Lenden meist ganz nackt, tragen in den meisten Gegenden weder den Turban, noch die Pilzmütze der ägyptischen Fel- lahs und lassen sich nicht wie diese das Haar des Kopfs bis auf den Schopf, an dem der Engel Mohammeds die Gläubigen ins Paradies zieht, seheeren, sondern lassen es lang wachsen und ölen es stark mit Fett ein. Sie sind ungebildeter noch als ihre nördlichen Nachbarn, die Fellahs, aber ehrlicher und nicht so zudringliche Bettler. Viele von ihnen wandern seit einigen Jahren nach Kairo aus, wo sie als brauchbare Dienstboten geschätzt sind. Sie gelten für tapfer, und in manchen Gegenden erhalten fortwährende kleine Fehden zwischen einzelnen Dörfern einen kriegerischen Geist unter ihnen, der sich schon darin kundgibt, dass sie meist mit Schild und Spiess bewaffnet einhergehen. Weniger zu loben ist an ihnen, dass sie grossentheils sehr dem Trünke ergeben sind. Man kann es unter ihnen bedauern hören, dass Mohammed blos Ströme von Milch, nicht von Araki im Paradiese in Aussicht gestellt hat. Sie bereiten eine Art von Branntwein aus Datteln, und Rum oder Cognac ist ihnen ein angenehmeres Geschenk als jedes andere — lieber sogar, als Seife, Oel oder Schiesspulver, um das sie oft den Beisenden angehen.
Ausser den Nubiern wohnen im Lande verschiedene arabische Stämme. Diese sind fast reinsemitischen Blutes und stammen von Familien, die vor sieben- bis achthundert Jahren aus dem Hedschas nach Afrika auswanderten. Im Lande Abbara finden sich Nachkömmlinge der Dschalin oder des Stammes Ben Koreisch von Yemen, und es gibt im Süden Familien, die Anspruch auf Verwandtschaft mit den Abba- siden und Ommijaden erheben können. Vermischung mit den Negerstämmen jenseits Sennaar hat im Ganzen nicht häufig stattgefunden, da diese nicht viel besser als wilde Thiere gelten. Die arabische Sprache wird in verschiedenen Mundarten vom Rothen Meere bis an die Grenzen von Bornu und Darfur gesprochen, und nach Burckhardt sind die vorherrschenden Dialekte die von Hedschas. Der Unterschied zwischen diesen Abkömmlingen des arabischen Stammes und den Einwohnern Nubiens, welche, gleich den Ababdehs und Bischaris, einge- bornen afrikanischen Völkerschaften angehören, springt auch dem oberflächlichen Beobachter in die Augen. Doch dürfen die beiden letztem sowenig wie die Kenus und Nuba der Negerrace beigezählt werden.
Die Angabe des Herodot, dass Sesostris der einzige ägyptische König gewesen, der in Aethiopien geherrscht, wird durch die Denkmäler widerlegt; denn man findet die Namen von vielen andern Pharaonen der 18. Dynastie jenseits des zweiten Katarakts. Die spätem Könige scheinen ihre äthiopischen Besitzungen aber grossentheils aufgegeben, und nur wenige von ihnen Unternubien behauptet zu haben. Die Ptolemäer erst breiteten ihre Herrschaft wieder über einen Theil desselben aus. Zu Psammetichs Zeit war bei Elephantine die Grenze. Strabo bezeichnet Syene (Assuan) als Grenzort, und Philä gehörte damals gemeinschaftlich den Aegyptern und den Aethiopiern an. Und so verblieb es unter den römischen Kaisern, die sich indess dadurch nicht