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Aegypten : Reisehandbuch für Aegypten / von Moritz Busch
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204
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204 Von Assuan bis Wadi Haifa.

Schwert mit dem Griffe gegen die Brust drückt, ist mit weit mehr Geist ausgeführt, als man in der Regel bei Statuen dieser Periode an­trifft. Bas Hauptgemach im Innern hat an seinen sechs vierkantigen Säulen Hathormasken, und seine Wände sind mit bemalten Sculpturen geschmückt. Letztere beziehen sich ebenfalls auf jene Göttin, die hier und in dem Adyturn in der Gestalt einer Kuh, ihres Emblems, erscheint, und welcher dieses Heiligthum von Nofreari, der Gemahlin Ramses des Grossen, geweiht war.

Von hier ist es nicht mehr weit zu dem zweiten Katarakt, der bei Wadi Haifa beginnt oder vielmehr endigt, fast eine deutsche Meile lang ist und von den Arabern Batn el Hadschar,der steinerne Bauch genannt wird. Auf dem Westufer befindet sich die Kalkstein­klippe Abu Sir, welche, nahe an dreihundert Fuss hoch, nach der Ost­seite in jähem Absturz nach dem Wasser abfällt und die beste Aussicht von den Ütromschnellen gewährt. Da sie überdies das Schlussglied einer Hügelkette bildet, so bietet sie auf ihrem Gipfel auch nach andern Seiten eine weite Aussicht, und so darf man nicht verfehlen, sie zu be­steigen.

Das Panorama ist wahrhaft einzig in seiner Art. Nach Süden hin erheben sich die Berge des Batn el Hadschar wie eine schwarze Mauer, aus der sich der Nil hervordrängt und zwar nicht in einer breiten glatten Fläche, sondern in zahllosen einzelnen Bächen, die mitten unter chaotischen Steinhaufen hervorrieseln, als kämen sie aus unter­irdischen Quellen, und schäumend und rauschend ihren schwierigen Weg um Gruppen von Inseln und Riffen nehmen, hier Zusammenkommen und dort sich wieder trennen, allenthalben nach einem Ausweg suchend, ohne einen zu finden, bis zuletzt die Felsen, gleichsam müde des langen Widerstandes, zurücktreten und die ermüdeten Gewässer sich träge und erschöpft auf dem Sande unter dem Gebirge des Ufers ausbreiten. Es ist ein wunderbares Gemälde des Kampfes zwischen zwei materiellen Kräften, aber so verwickelt und labyrinthisch, dass das Auge sie kaum trennen, sie fast nur als ein Ganzes betrachten kann.

Der Fuss der Klippe, die diese Aussicht gewährt, ist mit Namen von Touristen bedeckt, welche sie besucht haben. Sie ist die ultima Thule für die grosse Mehrzahl derer, welche die Nilfahrt unternehmen, und so endet mit ihr unsere Beschreibung. Für den, welcher weiter nach Süden Vordringen will, folge noch in einem Anszuge aus Brauns Kunstgeschichte ein kurzer Ueberblick über das, was seiner bis Kar- tum wartet.

Anderthalb Tagereisen stromaufwärts von Wadi Halfu kommt man an die Katarakten von Semneh, wo rechts eine uralte pharaonische Festung den Nil überschaut. Auf der Platte steht ein Tempel Thothmes III., eine einfache gestreckte Zelle, die zur Seite einige Säulen und Pfeiler hat. Auf der Wand im Innern opfert der genannte Herrscher dem König vom Ende des alten Reiches Sesurtesen 111., dem Gründer dieser Burg, der vergöttert auf einer Barke sitzt. Gegenüber auf dem östli­chen Ufer ist gleichfalls eine Burg und ein Tempel. Der Ort heisst