Touren von Kairo. 219
ein besseres Kameelfutter, als Gerste und Datteln. In Nothfällen begnügen sieb die Thiere auch geraume Zeit mit dem rauhen stachlichten Gestrüpp und den Disteln der Wüste. Mau pflegt sie selten des Morgens, meist nur des Abends zu füttern. Sie sollen 2 bis 3 Tage ohne zu fressen und eine ganze Woche ohne zu trinken aushalten können. Das Schlachten der Kameele in der AVuste, und das Trinken des in seinem Magen frisch gebliebenen Wassers, ist dagegen ein Märchen.
In Betreff der Strecke zwischen Kairo und Suez kommen die obenerwähnten Bedenklichkeiten nicht in Frage. Sie ist kurz - - ungefähr 18 deutsche Meilen lang — und seit dem Jahre 1858 verbindet eine jetzt nicht mehr in Betrieb stehende Eisenbahn beide Orte.
In Aegypten besteht nur eine einzige Kunststrasse, welche Kairo mit Suez verbindet und von Mehemed Ali angelegt wurde. Es ist eine zum grössten Theile macadamisirte ziemlich breite Fahrstrasse, die in der Nachbarschaft der Hauptstadt, so weit die Ueberschwemmung des Nil reicht, mit Akazien, Sykomoren und Tamarisken bepflanzt ist. Sonst gibt es nur Saumschläge, die auf der Sohle des Nilthaies den zufälligen Erhöhungen des Terrains oder den labyrinthischen Kreuz- und Querrichtungen der Dämme folgen, während sie von der Grenze der durch die Ueberschwemmung berührten Flächein die Wüste ablenkend, irgend einem beliebigen bleibenden Punkte, einem Steinhügel, einem einsamen Strauche u. s. w. als Wegweiser regellos zusteuem. So gehen allein in der Richtung von der Hauptstadt auf Suez nicht weniger als drei solcher Pfade neben der Poststrasse durch die Wüste, und die Karawanen bedienen sich dieser lieber als des künstlichen Wegs oder der Eisenbahn.
Die Poststrasse zwischen Kairo und Suez war vorzüglich für die indischen Passagiere angelegt worden. Sie durchschneidet die Wüste in gerader Linie.
Mit Ausnahme der Stationen und des der 14. Station gegenüber befindlichen kleinen Forts Agerud kommt auf der ganzen Strecke auch nicht ein Gebäude vor, und ebenso begegnet man auf dem ganzen Wege vom Westrande der Wüste bis Suez nur etwa einem halben Dutzend kleiner verkümmerter Bäume, sonst aber keinem Strauch, keinem Grashalm, keiner Blume. In einer so gestalteten Einöde hatte der frühere Vicekönig Abbas Pascha mit ungeheuren Kosten eine prächtige Residenz hersteilen lassen. Sie stand mit ausgedehnten Nebengebäuden und Kasernen in der Nähe von Dar el Beida, der Station 8 gegenüber. Niemand konnte sich erklären, was dem Erbauer diese Laune eingegeben, da kein grüner Zweig, keine Quelle in der Nachbarschaft war, und die Tränkung eines einzigen Pferdes täglich auf sieben Piaster zu stehen kam, aber kaum hatte Abbas Pascha die Augen geschlossen, als der Weiterbau eingestellt wurde, und jetzt steht die grossartige Anlage öde und verlassen und wird in wenigen Jahren ein Schutthaufen sein, da die Beduinen der Umgebung aus den unbewachten Gebäuden alles Holz und Eisen entführen.